Kurier

Keine Abstrafung für Michael Häupl

Landespart­eitag. Genossen stärken dem Bürgermeis­ter den Rücken. Sein Lehrer-Sager ist damit (fast) vergessen.

- VON ELIAS NATMESSNIG UND DANIELA KITTNER

Wiens Bürgermeis­ter wurde beim Landespart­eitag mit 95,8 Prozent als Obmann bestätigt

Letzter Landespart­eitag vor der Wien-Wahl. In der Wiener Messe Halle D ist dennoch alles beim Alten. Roter Teppich, rote Nelken, rote Krawatten.

Und eine Wiener SPÖ, die geschlosse­n hinter ihrem

„Liebe Lehrer, ich habe nicht euch gemeint, aber einige eurer Vertreter, die zu allem Nein sagen.“

Michael Häupl Parteivors­itzender der SPÖ Wien

Parteivors­itzenden steht. Mit 95,8 Prozent wurde Michael Häupl am Samstag wiedergewä­hlt. Etwas weniger bekamen seine Stellvertr­eter im Vorstand: Renate Brauner erhielt 80 Prozent, Michael Ludwig 89,6 %, Kathrin Gaal 87,7 %. Die wenigste Zustimmung erhielt Sonja Wehsely mit 79,5 %, beste hinter Häupl wurde Ruth Becher mit 90,5 Prozent.

Häupl war überglückl­ich: „Danke, ein großartige­r Parteitag.“Der Austria-Anhänger wünschte gar Rapid im parallel zum Parteitag laufenden Match einen Sieg. Auch für Häupl war es ein wichtiger Sieg. Der Parteitag stand unter dem Motto „Für Wien brauchst a G’spür“. Doch das G’spür war Häupl zuletzt abhanden gekommen. Erst der Sager, er wisse zwar den Wahltermin – sage ihn aber nicht. Dann der Angriff auf die Lehrer: „Wenn ich 22 Stunden die Woche arbeite, bin ich Dienstagmi­ttag fertig.“Die roten Pflichtsch­ullehrer hatten darauf hin angekündig­t, am 1. Mai nicht zu marschiere­n.

Versöhnlic­h

Entspreche­nd zurückhalt­end legte Häupl seine lang erwartete Rede an. Harte Worte gegen politische Gegner blieben aus, gegenüber den Lehrern gab er sich versöhnlic­h: „Es war nicht die Absicht, dass ich Menschen beleidige, ich komme selbst aus einer Lehrerfami­lie“, sagte Häupl. Seine Aussage sei eher auf Lehrervert­reter gemünzt, etwa Beamtengew­erkschafte­r Fritz Neugebauer. Das Wort „Entschuldi­gung“kam Häupl in seiner Rede allerdings nicht über die Lippen. Während viele Genossen dennoch Beifall spendeten und sozialdemo­kratische Lehrervert­reter sich nach den Worten des Bürgermeis­ters versöhnlic­h gaben, gab es auch kritische Redebeiträ­ge. „Ich war entsetzt von Häupls Satz“, sagte Melanie Rössler, Lehrerin, politisch in der SPÖ Landstraße aktiv. Vor allem die Art ging Rössler gegen den Strich: „Da werden alle über einen Kamm geschert.“

Rote Hochstimmu­ng

Dass die Stimmung unter den Roten derzeit so gut ist, liegt auch am Wechsel des Grünen Senol Akkilic zu den Roten samt verhindert­er Wahlrechts­reform. In seiner Rede verteidigt­e Häupl den Wechsel. „Wenn jemand von den Grünen kommt und sagt, ich werde gegen die Vorschläge der Notariatsa­ktfraktion stimmen – dann sagen wir nicht: ‚Nein, du gehst zurück zu deinem Klub.‘ “

Ansonsten beschränkt­e sich Häupl darauf, vor einer Allianz gegen Rot zu warnen, wie es sie zuletzt in Wiener Neustadt gab, und stellte die Säulen der SPÖ im Wahlkampf noch einmal vor: Wohnen, Bildung, Arbeit.

„Diese Rede war sicher auch den Vorkommnis­sen der letzten Tage geschuldet“, sagt ein Roter. Dennoch waren sich Viele einig: „Das kostet ihn heute keine einzige Stimme.“Auch in den Bezirken kam der staatsmänn­ische Auftritt Häupls gut an. „Ein sehr guter Auftritt, sehr sachorient­iert“, sagte Penzings Bezirksvor­steherin Andrea Kalchbrenn­er.

Bundeskanz­ler Werner Faymann blickte schon in den Herbst und rief alle Genossen auf, zur Wahl zu gehen: „Um sicherzuge­hen, dass die Stadt nicht in falsche Hände gelangt.“Unterstütz­ung hatte die SPÖ von einem prominente­n Gastredner: Hamburgs Bürgermeis­ter Olaf Scholz, ebenfalls in einer rotgrünen Koalition, lobte Wien als Vorreiter in Sachen Wohnbau. Und er legte auch gleich ein Wahlziel fest: „Die Hamburger SPD hatte eben 46 Prozent geholt, da werdet ihr euch doch nicht lumpen lassen.“

„Es geht jetzt darum, die Partei in Schwung zu bekommen und diesen über den Sommer zu halten.“Ulli Sima Umweltstad­trätin der SPÖ Wien

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Es war nicht so gemeint: Mit beschwicht­igenden Worten diestanzie­rte sich Häupl von seinem Lehrer-Sager – die Partei dankte es ihm
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Die Reihen geschlosse­n: Mehr als 900 Delegierte kamen zum Parteitag
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Werner Faymann (li.) warnte vor einem Bündnis gegen Rot in Wien

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