Zwist und Zank im Hause Porsche
Daimler. Dass er in all den Autofabriken meist nur kurz blieb, lag auch daran, dass Porsche zu Zwist und Zank mit seinen Mitarbeitern neigte.
Da Ferdinand Porsche bereits 1931 mit den meisten Herstellern „im Clinch“lag, blieb ihm nichts anderes übrig, als sein eigenes Konstruktionsbüro zu eröffnen, in dem er erstmal s keine Luxusfahrzeuge, sondern einen kleinen, billigen Pkw, den späteren VW-„Käfer“, entwickelte. Er sollte der Familie Porsche zu Reichtum und Macht verhelfen. Freilich legte sich Porsche zur Verwirklichung dieser Idee mit dem Teufel ins Bett: Hitler schuf die Möglichkeiten, einen Volkswagen für den „kleinen Mann“zu bauen. Doch während des Krieges durften im VW-Konzern in Wolfsburg nur Schwimm- und Kübelwagen für die Wehrmacht erzeugt werden. Die Folgen waren schwerwiegend: Porsche wurde 1945 von den Alliierten verhaftet, da er mit Hilfe von 20.000 Zwangsarbeitern an der Rüstungsindustrie der Nazis erheblich profitiert hatte.
Während Porsche 22 Monate im Gefängnis saß, übernahm Sohn Ferry die Geschäfte und leitete den Aufstieg des Käfers als Symbol des Wirtschaftswunders ein. Aus der Haft entlassen, begann der 72-jährige Ferdinand Porsche in zwei Baracken in der Kärntner Ortschaft Gmünd mit der Konstruktion jenes Sportwagens, der heute noch seinen Namen trägt.
Handgreiflichkeiten
Nach Ferdinands Tod im Jahr 1951 wurde das Erbe zwischen Tochter Louise verehelichte Piëch und Sohn Ferry aufgeteilt. Während Louise die Porsche Holding in Salzburg leitete, baute Ferry das Stuttgarter Ingenieurbüro seines Vaters zu einem Großkonzern aus.
Wie ihre Vorfahren führten auch Louise Piëch und Ferry Porsche ihr Firmengeflecht emotional. Hatte der Großvater noch kleine Lämpchen zerstört und Ferdinand Porsche Hüte zertrampelt, soll es zwischen Louise und Ferry sogar zu Handgreiflichkeiten gekommen sein.
Die Love-Story
Die Machtkämpfe blieben auch in der nächsten Generation nicht aus, wurden nun aber mit subtileren Mitteln ausgetragen: 1972 waren die Familien Porsche und Piëch dermaßen zerstritten, dass es keine andere Möglichkeit gab, als alle Clan-Mitglieder von der operativen Leitung des VW-Werks abzuziehen. Zuweilen nahm der Familienzwist in der dritten Generation skurrile Züge an, als sich nämlich in die Machtkämpfe auch Liebe und Eifersucht einschlichen: Als Höhepunkt des Kriegs zwischen den Cousins Ferdinand Piëch und Gerhard Porsche fing der eine mit der Frau des anderen eine Affäre an: Ferdinand Piëch und Marlene Porsche wurden ein Paar.
45-Milliarden-€-Vermögen
Piëch – der zwölf Kinder aus vier Beziehungen hat – war zwölf Jahre mit der Frau seines Cousins liiert und übernahm 1993 als Vorstandsvorsitzender die Hebel der Macht bei VW. All der Streit und auch der Liebes-Reigen verhinderten nicht, dass die Häuser Porsche und Piëch heute mit einem geschätzten Vermögen von 45 Milliarden Euro zu Europas reichsten Familien zählen. Die Dynastie besteht aus rund 60 Mitgliedern, allesamt leibliche und angeheiratete Nachfahren des Konzern-Vaters Ferdinand Porsche.
Diese Woche nahm der Streit im Hause Porsche eine neue Dimension an, als der jetzige Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch zu VW-Chef Martin Winterkorn öffentlich „auf Distanz“ging. Der erfolgsgewohnte Piëch ahnte nicht, dass Winterkorn diesen Krieg zumindest vorerst für sich entscheiden sollte. Auf der Suche nach neuen Opfern hat Piëch in der eigenen Familie offenbar niemanden mehr gefunden, mit dem er nicht schon einmal zerstritten gewesen wäre.
georg.markus@kurier.at