Bindungshormon und Pizzareste
Wissenschaftlich belegt. Der Hund ist ein Kuscheltier, nicht nur, aber auch. Unserer zumindest.
Manchmal legt sich Daria quer. Nicht im übertragenen Sinn, um ihre Pläne durchzusetzen. Sondern zum Kuscheln. Etwa wenn ich auf „ihrer“Couch Platz nehme.
Sie liegt dann quer über meinen Bauch und meine Beine. Macht sich breit, als hätte sie alle Rechte. Und seufzt hingebungsvoll, so, als würde sie gerade alle Probleme der Welt ausatmen. „Ein Hund kann äußere Spannungen abbauen“, sinniere ich halblaut vor mich hin. Die Kinder seufzen auch – ob meiner naturwissenschaftlich unhaltbaren These – und streiten dann, ob „die Mama schon wieder Voodoo-, Hinduoder doch Eso-Blödsinn“rede.
Ich schweige und denke mir meinen Teil. Daria wird sich später als nonverbale Streitschlichterin zwischen sie legen.
„Hunde sind keine Kuscheltiere“, heißt es. Das stimmt. Daria zeigt deutlich mehr Regungen, hat mehr Hunger und braucht mehr Auslauf als mein Stoff-Beagle Cindy.
Andererseits kann Daria sich so klein machen, dass sie in eine Kniekehle passt, wenn sie Körperkontakt sucht. Sie kann sich auch so groß machen, dass sie mich mit der Pfote am Arm stupst, wenn sie Streicheleinheiten braucht. Das duldet bei ihr keinen Aufschub. Also doch ein Kuscheltier. Unser Hund zumindest. – Schön, dass das auch Wissenschaftler endlich so sehen: Sie schreiben im Fachmagazin Science, dass der Blickkontakt zwischen Mensch und Hund bei beiden nachweislich zur vermehrten Ausschüttung des Bindungs- und Kuschelhormons Oxytocin führe. Na bitte.
Die Bindung ging neulich sogar so weit, dass Daria sich weigerte, mit mir in den Park zu gehen, während ihr Lieblingsmann daheim die Pflanzen gießen wollte. Da dürfte zu langer Blickkontakt im Spiel gewesen sein. Sie protestierte, bis der Mann das Gießen aufschob und mitkam.
Selig trottete sie zwischen uns und achtete genau darauf, dass keiner unautorisiert abzweigte. „Schön ist das mit dem Oxytocin als Bindungskitt“, wollte ich gerade schwärmen, da zischte sie grußlos ab. Unter die Hecke, wo ein Stück Pizza lag. „Und, wohin jetzt mit meinem Oxytocin? So weit reicht also deine Bindung!“, rief ich ihr zornig nach. „Ich komm doch zu euch zurück“, schien ihr treuherziger Dackelblick zu sagen, „sobald ich das hier aufgefressen habe – und die Hot-Dog-Reste dort drüben“. birgit.braunrath@kurier.at
BeagleDaria