Vitaminpillen für die Re-Industrialisierung Kärntens
Merck. Pharmakonzern verlegt Teile der Tablettenproduktion von Darmstadt nach Spittal an der Drau. Auch die Forschung und Entwicklung soll forciert werden.
In Kärnten wird nicht mehr investiert? Von wegen. Wie der KURIER erfuhr, baut der deutsche Pharmakonzern Merck seinen Produktionsstandort in Spittal an der Drau aus. Konkret wird bis 2017 das Werk um 3000 m2 Produktionsfläche vergrößert und die Herstellung des Vitamin-D-Präparates Vigantoletten von Darmstadt nach Oberkärnten verlagert. Insgesamt werden 7,6 Millionen Euro in die Erweiterung investiert und 30 zusätzliche Chemielaboranten-Stellen geschaffen.
Für Klaus Raunegger, Geschäftsführer von Merck Spittal, ist die Investition „ein Aufbruchsignal für die ganze Region Oberkärnten“. Eine der letzten Pharma-Produktionen in Österreich sei dadurch längerfristig abgesi- chert. „Eine Investition in ein Gebäude ist immer ein Commitment für den Standort.“Ausschlaggebend für die Verlagerung seien weniger die Kosten als Kapazitätsgründe gewesen. Mit 350 Beschäftigten ist das Pharma-Werk seit der Absiedelung der Schuhfabrik Gabor größter Industrie-Arbeitgeber im Bezirk Spittal. Der Bezirk hat mit 14,4 Prozent aktuell die höchste Arbeitslosenquote in Österreich, die Abwanderung bei den Jungen ist groß.
Aufschwung
Auch die Tabletten-Fabrik von Merck stand in den 1990er Jahren vor dem Aus. Umstrukturierungen und die Hereinnahme von Fremdaufträgen anderer Firmen brachten den Umschwung. Als Spezialist für schwierig herzustellende feste und halbfeste Arzneimittel mauserte sich Spittal zum wichtigsten Produktionsstandort für rezeptfreie Arzneien von Merck. Bekannte Marken des deutschen Pharmapioniers sind der Schnupfenspray Nasivin oder die Nahrungsergänzungsmittel Multibionta, Femibion oder Bion3. Zwei Milliarden Tabletten sollen ab 2017 jährlich in Spittal hergestellt und zu 90 Prozent ins Ausland exportiert werden.
Im Zubau will Raunegger auch Platz für mehr Forschung & Entwicklung schaffen. „Es gibt im Konzern Überlegungen, Projekte aus Indien wieder zurück nach Europa zu holen.“Für die Finanzierung sollen EU-Mittel beantragt werden, das Land Kärnten fällt als Förderer bekanntlich aus. Die aktuellen Budgetnöte sieht der MerckChef aber nicht nur negativ. „Es herrscht keine Weltuntergangsstimmung. Die politische Kultur hat sich verändert und es gibt auch viele positive Ansätze, umimLand etwas zu bewegen.“So setzt sich Raunegger mit den anderen Industriebetrieben im Bezirk dafür ein, dass es in Spittal endlich auch eine HTL gibt. Tourismus und Baugewerbe allein könnten die Abwanderung nicht stoppen.