Die Bayern und ihr verlorenes „Mia-san-mia“-Gefühl
Je ein Tor pro 30 Minuten. Und dann ein viertes in der 30-minütigen Verlängerung: Die Aufgabe, vor der die Bayern im Rückspiel des Champions-League-Semifinales am Dienstag stehen, klingt gar nicht so problematisch.
Ist sie aber. Denn es gibt ja auch noch einen Gegner. Und der ist der FC Barcelona, derzeit die offensivstärkste Elf der Welt. Das bewiesen die Katalanen nicht erst am Mittwoch beim 3:0-Hinspielsieg im Camp Nou.
In den jüngsten 29 Partien wurde nur einmal kein Tor geschossen, beim 0:1 im Februar in der Primera División gegen Málaga. Ein Auswärtstor von Barça in München, und die Bayern müssten schon fünf Treffer erzielen.
Im Viertelfinale hatten die Münchner das Hinspiel beim FC Porto ebenfalls verloren. Nach dem 1:3 war die typische bayrische „Mia-sanmia“-Mentalität allgegenwärtig, wurde vermittelt, dass man diesen Rückstand wettmachen könne und werde. Und das gelang ja auch mit einem 6:1 eindrucksvoll.
Von diesem Selbstverständnis war nach dem 0:3 in Barcelona aber nichts zu spüren. Nur die Hoffnung auf ein „kleines Fußballwunder“, wie Thomas Müller meinte, ist geblieben. Denn: „Es gehört schon viel dazu, dass man Barcelona mit drei Toren schlägt“, fügte Manuel Neuer hinzu. „Wir sind an unsere Grenzen gestoßen. Jetzt müssen wir uns erst einmal schütteln“, sagte Sportvorstand Matthias Sammer.
Das 0:3 in Barcelona war die dritte Pflichtspielnieder- lage in Serie. Das ist den Bayern zuletzt vor vier Jahren passiert. Kurz danach wurde der damalige Trainer Louis van Gaal beurlaubt.
Pep Guardiola wird dies erspart bleiben. Denn die Champions-League-Qualifikation, die 2011 in Gefahr geraten war, ist längst fix.
Dazu hat der Katalane mit einer dünnen Personaldecke zu tun, die aber auch hausge- macht ist. Dass neben David Alaba die Topstars Franck Ribéry und Arjen Robben verletzt ausfallen, war schon in der Vergangenheit eher die Regel als die Ausnahme. Die Alternativen können das Niveau nicht halten.
Einer wurde explizit kritisiert: Mario Götze, der immerhin das WM-Finale 2014 gegen Argentinien entschieden hat. „Manchmal kommt er mir in seinen Bewegungen wie ein Jugendspieler vor, der Zweikämpfe verliert und stehen bleibt. Es wird Zeit, dass er langsam erwachsen wird“, meinte Ehrenpräsident Franz Beckenbauer.
Matchwinner
In Barcelona ist derweil wieder eine „Messi-Mania“ausgebrochen: Der Argentinier hatte in seinem 100. Europacupspiel die ersten zwei Treffer erzielt und den dritten vorbereitet. „Wenn er inspiriert ist, kann er nicht gestoppt werden“, sagte Kollege Piqué. „Messi reißt die Mauer nach Berlin nieder“, schrieb die Sporttageszeitung Marca.
Der Gelobte selbst sieht sich noch nicht im Endspiel. „Es erwartet uns in München noch ein schwieriges Spiel“, mahnte Lionel Messi vor dem Rückspiel am kommenden Dienstag.