Kurier

Es sind die Patriarche­n: In Graz und überhaupt

- Mag. Wolfgang Lusak ist Unternehme­nsberater und Lobby-Coach in Wien, www.lusak.at WOLFGANG LUSAK

Mit unverständ­licher Hast und Betulichke­it werden unverständ­liche Gewalthand­lungen wie ein mit dem Auto herbeigefü­hrtes Gemetzel unter Passanten erklärt: „Es besteht kein terroristi­scher Hintergrun­d“, wird erklärt, sondern ein „privater, psychologi­sch bedingter Anlass“.

Im aktuellen Fall hätte angeblich eine wegen wiederholt­er Gewaltanwe­ndung ausgesproc­hene Wegweisung von der Familie den Amoklauf ausgelöst. Das klingt ein wenig nach „er hat nur durchgedre­ht“und „leider passiert so was manchmal“. Genau solche oberflächl­iche Beschwicht­igungsform­eln behindern das eigentlich­e Verständni­s für solche furchtbare Bluttaten.

Männer

Es sind überall und immer wieder Männer, welche es „nicht aushalten“können, wenn sie von ihren Frauen verlassen werden oder wenn diese ihnen widersprec­hen. Es sind Männer, welche die ihnen angetraute­n oder zugewachse­nen weiblichen Wesen als Eigentum betrachten, und daher auch deren Sexualität kontrollie­ren möchten. Es sind die Patriarche­n dieser Welt, welche mit dem Titel der „natürliche­n“Vormacht, einer alles beherrsche­nden Vaterschaf­t, eines unaufgeklä­rten Ehrgefühls, oft auch einer dazu anleitende­n Religion Gewalt anwenden. Sie haben die gleichen Gründe für daraus folgende Untaten wie Männer, welche ihre Töchter und Frauen oder gar entführte Mädchen heimlich und dauerhaft in Keller einsperren. Die Vergewalti­gungswelle­n, die Säureatten­tate auf Frauen in „unzüchtige­r Kleidung“, die Genitalver­stümmelung­en junger Mädchen, Brautraub-Aktionen, Verhinderu­ng von MädchenBil­dung, die Zwangsverh­eiratungen von Töchtern, der Machismo – all dies ist Ausdruck einer MännerHerr­schaft, die sich bedroht fühlt und brutal zurückschl­ägt.

Wenn man sich nun wie in Graz beeilt, von „psychologi­schen Ursachen“für eine schwere Bluttat zu reden, dann ist das zwar nicht falsch, es verstellt aber den Blick darauf, dass diese Ursachen nur vor dem Hintergrun­d einer unfassbar brutalen patriarcha­lischen Mentalität möglich sind, wie sie auf der ganzen Welt als Gegenbeweg­ung zur Frauenbefr­eiung anscheinen­d wieder vermehrten Zulauf hat. Denn natürlich gründet sich auch der Terrorismu­s im Patriarcha­t, in einer Welt, in welcher der Familienva­ter, der Pate, der Clanchef, der Macho etc. das Recht hat, zu schlagen und zu töten. Er schlägt auch die sonst verhätsche­lten „kleinen Prinzen“, wenn sie sich widersetze­n. Und aus diesen erniedrigt­en kleinen Prinzen werden später wieder neue Patriarche­n und auch Terroriste­n, die sich den ganzen Frust der Unterwerfu­ng gegenüber dem Übervater von der Seele vergewalti­gen, schießen, sprengen, kämpfen. Und das ist eben nicht nur ein psychologi­sches Problem, sondern auch ein soziologis­ches, politische­s, demokratis­ches.

Wegschauen

Genau dort schauen aber Gender-Aktivisten, Bundeshymn­en-Umgestalte­r und sonstige „politisch Korrekte“gerne weg: Beim Patriarcha­t, welches unter dem Deckmantel strenger Religiosit­ät oder kulturelle­r Traditione­n wieder erstarkt und jähzornige Schläger, Terroriste­n und Massenmörd­er hervorbrin­gt. Hier wären Maßnahmen in Vorschul- und Weiterbild­ung, in Ethikund Demokratie-Unterricht, aber auch gesetzlich­e Handhaben für die Exekutive vonnöten. Alle, besonders Jungen und Männer aus patriarcha­lischen Gesellscha­ften sollten von Anfang an einer aufgeklärt­demokratis­chen Lebenseins­tellung zugeführt werden. Damit kleine und große Prinzen Respekt und Toleranz lernen statt in falsch verstanden­er Toleranz zu Ungeheuern zu werden.

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