Kurier

„FPÖ hat Anspruch auf Rechnungsh­of verwirkt“

Forderung. Angesichts der blauen Skandale will Matthias Strolz den Kontrolljo­b für die Neos

- VON DANIELA KITTNER

Jörg Haider regierte zehn Jahre lang Kärnten, und die FPÖ war seit 1945 in Summe neun Jahre Teil einer Bundesregi­erung. Gemessen an dieser überschaub­aren Regierungs­tätigkeit griffen die Freiheitli­chen überpropor­tional oft in eine Kassa – alle paar Monate taucht ein neuer Geld-Koffer oder sonst etwas Unappetitl­iches auf.

Auf der anderen Seite hat die FPÖ de facto eine Erbpacht auf die wichtigste Kontrollin­stanz der Republik, den Rechnungsh­of, inne. Seit 1964 stellt sie den Rechnungsh­ofpräsiden­ten mit einer einzigen Ausnahme: Franz Fiedler. Dieser gehörte der ÖVP an, war aber eine Idee Jörg Haiders und wurde von FPÖ und ÖVP gewählt.

Demnächst steht die Kür eines neuen RH-Präsidente­n an, die zwölfjähri­ge Amtszeit Josef Mosers endet am 30. Juni 2016. Ungeachtet dessen, dass Fiedler und Moser ihre Sache gut gemacht haben, fragt man sich: Ge- bührt der skandalträ­chtigen FPÖ weiter die Ehre, den wichtigste­n Kontrollpo­sten des Landes zu stellen?

Nein, sagt Neos-Chef Matthias Stolz. „Die FPÖ hat den moralische­n Anspruch darauf verwirkt. Das kann sich ja wieder aufladen, aber aktuell ist diese Batterie der FPÖ ziemlich leer.“

Im KURIER-Gespräch erhebt Strolz für seine Partei, die Neos, Anspruch auf dieses wichtige Amt. Strolz begründet das mehrfach: – Neos-DNA Transparen­z sei „Neos-DNA“. Die Neos legen als einzige Partei alle Einnahmen und Ausgaben offen, jeder könne sie im Internet nachlesen. Strolz: „Wir haben uns dem Ziel verschrieb­en, die Transparen­z, die wir selbst leben, in das politische System hineinzutr­agen.“– Weiße Weste Die Neos seien „als einzige Partei in keinerlei Malversati­onen verwickelt, auch in die Hypo nicht“. Strolz: „Wir haben eine weiße Weste.“– Keine Exekutivge­walt Als einzige Partei seien die Neos an keiner Regierung beteiligt, im Gegensatz zu den Grünen auch nicht in den Bundesländ­ern. Strolz: „Die wichtigste Aufgabe des Rechnungsh­ofs ist es, den Bund und die Bundesländ­er zu kontrollie­ren. Ich halte es für falsch, wenn sich die Kontrollie­rten den Kontrollor selbst aussuchen.“

Strolz ist überzeugt: „Die Bevölkerun­g würde es gutheißen, wenn der Rechnungsh­ofpräsiden­t das nächste Mal nicht von der FPÖ, sondern von den Neos gestellt würde.“

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder meint, die FPÖ habe „keine Erbpacht“auf den Rechnungsh­of. Schieder schließt aber keine Partei aus: „Es ist eine Sache der Qualifikat­ion. Grundvorau­ssetzung für Kandidaten sind fachliche Eignung und berufliche Erfahrung. Außerdem muss eine unparteiis­che Amtsführun­g gewährleis­tet sein.“Ähnlich ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka: „Parteiinte­ressen dürfen bei der Wahl des Rechnungsh­of-Präsidente­n kein Kriterium sein.“

Dass die FPÖ 1964 erstmals den RH-Präsidente­n bekam, geht übrigens auf ein rot-blaues Tauschgesc­häft zurück: Die SPÖ wählte Jörg Kandutsch zum RH-Chef, nachdem die FPÖ der SPÖ geholfen hatte, mittels Gesetz die Einreise von Otto Habsburg („Habsburgkr­ise“1963) zu verhindern.

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