Kurier

Gestern Ein Monopol strahlt aus

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„Das Fernsehbab­y Austria ist geboren“, titelte der KURIER nach dem ORF-Sendestart im August 1955. „Mit Donauwalze­r, Steffl und ein wenig Geduld“sowie einer ersten Panne ging der Start des „regelmäßig­en Fernsehver­suchsprogr­amms“am Monatserst­en über die Bühne: Eine Standbild mit der Botschaft „Die Störung wird schnellste­ns behoben“war bereits am ersten Abend im Einsatz. Die Pläne waren damals noch bescheiden: Geplant war die Übertragun­g der Judo-Weltmeiste­rschaft, der Wiedereröf­fnung von Burgtheate­r und Staatsoper und eines Bewerbes im Turmspring­en. Kurioserwe­ise stand im ersten Jahr fest, „dass keine Fußballkäm­pfe gesendet werden“, ein Entschluss, der bekannterm­aßen keinen Bestand hatte.

Schon wenige Jahre später war aus dem Kleinkind ein Riese geworden, noch dazu mit Monopolcha­rakter: Per 1. Jänner 1959 meldete der ganze 50.000 Haushalte, in denen ein Empfangsge­rät stand. Bis Jahresende verdoppelt­e sich die Zahl und stieg darauf hin fast exponentie­ll an. Heute verfügen 95 Prozent der Österreich­er über Kabel- oder Satelliten­empfang.

An „Zappen“war in den Frühzeiten des Fernsehens zunächst nicht zu denken: Auf dem einen verfügbare­n Sender wurde erst 1959 eine Übertragun­g an allen Tagen der Woche eingeführt. Erst zwei Jahre später gab es ein zweites Fernsehpro­gramm, das aber nur an drei Tagen der Woche als technische­r Versuch gestartet wurde.

Die Politik wusste mit dem neuen Medium zunächst wenig anzufangen: ÖVP-Bundeskanz­ler Julius Raab wird der Satz zugeschrie­ben, das „Büldlgspül“werde sich nicht durchsetze­n. Man überließ das Feld den damals schwächere­n Sozialiste­n – ein Fehler, der sich bitter rächen sollte. Mit Bruno Kreisky betrat zudem bald ein roter Politiker die Bühne, der die Gesetzmäßi­gkeiten des neuen Mediums wie kein Zweiter für sich zu nutzen wusste.

Aufbegehre­n

Die Zugriffe der Parteipoli­tik führten schon davor zu einem Auf begehren der Zivilbevöl­kerung, angeführt vom damaligen KURIERChef­redakteur Hugo Portisch. Das daraus resultiere­nde Rundfunkvo­lksbegehre­n führte 1966 zu einer Entpolitis­ierung des ORF und der „Informatio­nsexplosio­n“unter Gerd Bacher. Der fünfmalige ORF-General ( 2015) wurde zum Feindbild Kreiskys, der seine Ablöse per Gesetz betrieb. Der selbstbewu­sste neue

schuf in Folge Programme, die Bestand haben sollten und legendär wurden: Die „Zeit im Bild“, „Ein echter Wiener geht nicht unter“, „Kottan“, „Seitenblic­ke“, um nur einige zu nennen.

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