Heute Ein Riese mit privaten Sorgen
Es dauerte seine Zeit, bis der Fernsehmarkt in Österreich vom öffentlich-rechtlichen Monopol befreit wurde. Im Juni 2003 startete der damalige Wiener Privatsender
sein bundesweites Programm – Österreich hatte damit als letzter europäischer Staat das landesweite Antennenfernsehen auch für kommerzielle Anbieter geöffnet. Mit Folgen: Die deutschen Privatsender, allen voran RTL, Sat.1 und ProSieben, hatten über Kabel und Satellit bereits Fuß gefasst. Die großen deutschen Fernsehkonzerne begannen auch, österreichische Werbefenster zu vermarkten und verpassten dem ORF damit empfindliche Dämpfer.
Aus dem öffentlichrechtlichen Sender war jedoch bereits unter Gerhard Zeilers Intendanz in den 90er Jahren ein recht privat gestricktes Gegenprogramm zur bunten deutschen Konkurrenz geworden, was vor allem die auf Werbung angewiesene Konkurrenz stets auf die Palme brachte.
Einbußen
Fakt ist jedoch auch, dass der
zwar Marktanteile einbüßte, die kleinen privaten Schnellboote jedoch nicht annähernd mit ihm gleichziehen können. Nicht zuletzt, weil ORFeins ein Profil hat, das sonst eher privaten Sendern zugeschrieben wird. Umso lustvoller (oder, je nach Standpunkt: hysteri- scher) wurden immer wieder Fantasien laut, einen der beiden Hauptkanäle zu privatisieren.
Das heimische Fernsehprogramm präsentiert sich im Jahr 2015 jedenfalls vielfältiger als je zuvor: Der verfügt neben den Hauptprogrammen über Spartenkanäle für Sport sowie Information und Kultur ( Sport+ und ORFIII). Und auch die privaten Sender steigerten ihren Output: Neben gibt es ATVII, die Gruppe um Puls4 startete zusätzliche Sender wie SixxAustria oder Maxx. Und mit Ser usTV versucht sich ein (von Red Bull) völlig privat finanzierter Sender im Qualitätsfernsehen, das auch über die Grenzen hinweg Potenzial hat. Die Parteipolitik hat im
unterdessen eine ihrer letzten Bastionen der Personalpolitik in staatsnahen Betrieben für sich ausgemacht: Vom Generaldirektor abwärts werden vor allem in den regierenden Parteien munter Postenbegehrlichkeiten laut, die sich nicht immer vor der Öffentlichkeit verbergen lassen. Eine vollständige Entpolitisierung, wie sie zuletzt in einer Rundfunkreform zu Beginn des Jahrtausends angekündigt worden ist, blieb bisher ein Wunschtraum. Darauf weisen gerne und mit Nachdruck die selbstbewussten
Redakteure hin, die vor allem im obersten Aufsichtsgremium, dem Stiftungsrat, Probleme sehen.