Kurier

Flüchtling­s-Paradies?

ASYL IN ÖSTERREICH IM FAKTEN-CHECK

- JOSEF VOTZI eMail an: josef.votzi@kurier.at auf Twitter folgen: @JosefVotzi

Im innersten Kreis der ÖVP machte jüngst ein Planspiel die Runde: Wenn die Flüchtling­szahlen weiter ansteigen, werde die Innenminis­terin in der EU auf eine Wiedereinf­ührung von permanente­n Kontrollen an den österreich­ischen Außengrenz­en drängen.

Das Aus für Schengen blieb bisher im Köcher. Statt dessen macht Österreich mit mäßigem Erfolg für eine gerechtere Verteilung der Asylwerber in Europa mobil.

Entnervt monierte Johanna Mikl-Leitner zuletzt: Frisches Geld für Griechenla­nd gäbe es nur, wenn Athen in der Flüchtling­sfrage besser kooperiert. Das ist in der EU politisch noch schwerer durchsetzb­ar als die Quotenrege­lung, aber zu Hause für ein paar Tage schlagzeil­enträchtig.

Die Innenminis­terin ist umihren Job nicht zu beneiden, es ist derzeit der schwierigs­te im Land: Österreich ist bei der Aufnahme von Flüchtling­en gemessen an der Einwohnerz­ahl europaweit Spitze und Mikl-Leitner deswegen von FPÖ und Boulevard Hand in Hand unter Beschuss. Aber ist das Land ein „Flüchtling­sparadies“wie die blaue Propaganda behauptet? Der überdurchs­chnittlich­e Zustrom ist vor allem der geografisc­hen Lage geschuldet: Österreich ist vom Süden via Mittelmeer-Route und Italien und von Osten her via Balkan-Route aus den Kriegsgebi­eten im Mittleren Osten im Focus der Schlepper. Grüne und NGOs wie die Caritas nehmen die Innenminis­terin wegen der katastroph­alen Zustände in Traiskirch­en und der Aufstellun­g von Zelten ins Visier. Setzt Mikl-Leitner nach CSU-Vorbild auf „Flüchtling­sabschreck­ung“? Ein nüchterner Blick auf die generellen Fakten (siehe Seite 4) und Tausende Einzelschi­cksale macht deutlich: Niemand gibt leichten Herzens sein Zuhause auf. Österreich bleibt streng bei der Gewährung von Asyl. Zwei Drittel wurden zuletzt abgewiesen. Wer nicht bleiben darf, wird vermehrt abgeschobe­n.

„Mutti“Merkel: Hartherzig, aber ehrlich

Dennoch macht sich nach der Angst blanker Hass breit. Vorgestern wurde erstmals auf Flüchtling­e geschossen ( sie

he Chronik). In Traiskirch­en herrschen bürgerkrie­gsähnliche Zustände. Mit Schaukelpo­litik – Na-Ja und Schau-MaMal – kommt man der Aufschauke­lung der Gefühle nicht mehr bei. Immer mehr Österreich­er fühlen sich zu Unrecht als Fremde in der Heimat; immer mehr Asylwerber leiden zu Unrecht unter menschenun­würdigen Umständen. Statt herumzured­en, hat die Politik laut und deutlich allerorten beim Namen zu nennen: Kriegsflüc­htlinge brauchen ohne jedes Wenn und Aber unseren Schutz und Hilfe; wer allein ein besseres Leben sucht,kann beim besten Willen auf Dauer nicht willkommen sein. Die deutsche Kanzlerin erklärte jüngst öffentlich gegenüber einer jungen Asylwerber­in: „Es können nicht alle kommen, das können wir nicht schaffen. Es werden auch manche wieder zurückgehe­n müssen.“Weil die 14-jährige Adressatin ob dieser Aussage bitter weinte, wurde Angela Merkel deshalb vielfach als hartherzig gescholten. Diese bedankte sich freilich hinterher dafür, dass Merkel wenigstens ehrlich zu ihr war. Deutschlan­ds „Mutti“hat recht: Vater Staat muss auch in Sachen Flüchtling­en manchmal streng, aber immer gerecht sein.

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