Kurier

„Kein Anlass“, Traiskirch­en Caritas & Co. zu überantwor­ten

Asylchaos. Innenminis­terium mit Betreuung durch Privatfirm­a zufrieden

- VON KARIN LEITNER

„Eine Profit-orientiert­e Firma, die das nicht im Griff hat“, sollte das Erstaufnah­mezentrum Traiskirch­en nicht länger verwalten; „Profis“wie das Rote Kreuz, die Caritas oder die Diakonie sollten fortan für die Flüchtling­e zuständig sein. Dieses Begehren hat GrünenChef­in Eva Glawischni­g im ORF-Sommergesp­räch kundgetan. Seit 2011 betreut die Schweizer Firma ORS das Lager, in dem die Zustände seit Wochen katastroph­al sind.

Die Caritas ist nicht abgeneigt, Kriegsvert­riebene dort zu versorgen. „Wir sind gesprächsb­ereit“, sagt Generalsek­retär Klaus Schwertner dem KURIER. „Im Verbund mit anderen Hilfsorgan­isatio- nen“müsste das sein – und es bedürfte einer „Vorlaufzei­t“. Humanitär tätig zu sein, sei „im Mandat des Roten Kreuzes enthalten“, sagt dessen Generalsek­retär Werner Kerschbaum. Und so sei die Versorgung der Asylwerber in Traiskirch­en „vorstellba­r. Es ist bisher aber niemand dahingehen­d an uns herangetre­ten.“

Das wird Ressortche­fin Johanna Mikl-Leitner auch künftig nicht tun. „Es gibt keinen Anlass für die willkürlic­he Vertragsau­f kündigung. Die Frage der willkürlic­hen Auftragsve­rgabe an andere stellt sich daher nicht. Wir sind mit der Dienstleis­tung von ORS zufrieden“, heißt es im Innenminis­terium. Kein Anlass angesichts dessen, was sich dort abspielt? An der derzeitige­n Si- tuation in Traiskirch­en sei nicht ORS schuld. Diese Firma sei „vertraglic­h nicht verpflicht­et, Plätze zu schaffen. Die Bundesländ­er haben nicht ausreichen­d Flüchtling­e in die Versorgung übernommen.“

„Menschlich korrekt“

2011, unter Ministerin Maria Fekter und nach einer europaweit­en Ausschreib­ung, wurde ORS der Betrieb der Flüchtling­sbundesbet­reuungstel­len überantwor­tet. „Bestbieter“sei das Unternehme­n (das auf der Homepage kundtut, „ Asylsuchen­de und Flüchtling­e zuverlässi­g und menschlich korrekt“zu betreuen) gewesen, heißt es im Ministeriu­m. Davor, beauftragt von Ressortche­f Ernst Strasser, managte „European Homecare“Traiskirch­en & Co. Die deutsche Firma kündigte 2010 den Vertrag mit dem Bund: Ob sinkender Asylwerber­zahlen rentiere sich die Sache nicht mehr.

Nicht nur „European Homecare“hatte sich 2004 beworben, auch ein Konsortium aus Diakonie, Caritas, Rotem Kreuz und Volkshilfe wollte den Zuschlag. Den erhielt „ein gewerblich­er Billigstbi­eter, der die Betreuungs­qualität, die für eine derart große Einrichtun­g unabdingba­r ist, nicht bieten konnte“, urteilt Diakonie-Chef Michael Chalupka. Und so fordert Schwertner, das Zentrum für NGOs zu öffnen. Es sei nötig, die Flüchtling­e zu versorgen: „Nothilfe vor dem Lager reicht nicht mehr.“

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81 Seiten hat der Vertrag von Mikls Innenminis­terium mit der Firma ORS, hier „AN“genannt: „Der AN hat den Fremden ein Zimmer zuzuweisen“
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Lager im Lager: Neue Flüchtling­e werden in Traiskirch­en bis zu 48 Stunden festgehalt­en – trotz Hitze vor und in Bussen, hinter hohem Zaun

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