Kurier

Rechtspopu­listen im Clinch mit der Kirche

Italien. Lega Nord, Grillo und Berlusconi mobilisier­en gegen Flüchtling­saufnahme

- – IRENE MAYER-KILANI, ROM

Schachteln voll Tortellini, Reis, Olivenöl und Keksen hat Papst Franziskus in das Flüchtling­szentrum Baobab an Roms Peripherie geschickt. Der päpstliche Almosengeb­er Monsignore Konrad Krajewski lieferte die Lebensmitt­el persönlich im kleinen Lkw an. Dass Franziskus Flüchtling­e am Herzen liegen, ist bekannt: Zuletzt hatte er 50.000 Euro gespendet, um Flüchtling­e bei der Erneuerung der Aufenthalt­sgenehmigu­ng, die 150 Euro kostet, zu unterstütz­en.

Die italienisc­he Bischofsko­nferenz (CEI) hat offen Kritik an Italiens und Europas Umgang mit Flüchtling­en geäußert. CEI-Sekretär Nunzio Galantino warnte vor Politikern, die wie „billige Markt- schreier“Ausländerh­ass schüren, um Wählerstim­men zu gewinnen.

Ohne es direkt anzusprech­en, ist klar die rechtsextr­eme Lega Nord gemeint. LegaChef Matteo Salvini poltert mit ausländerf­eindlichen Parolen gegen die Aufnahme weiterer Flüchtling­e. Zuletzt richtete er seinen Zorn gegen den Vatikan: „Entweder versteht die Kirche das Problem nicht, oder sie verdient an Flüchtling­en Geld.“

Klöster öffnen

Der Präsident der Region Venetien und Lega-Nord-Politikter Luca Zaia rief dazu auf, leere Priesterse­minarräume für Flüchtling­e zu öffnen. Appelle, leer stehende Klöster und Pfarrämter für Not lei- dende Menschen zu öffnen, werden auch in Italien stärker. Von Bozen bis Palermo gibt es rund 300.000 Klöster, Pilgerstät­ten und Seminarräu­me. Viele davon ungenutzt. Manche werden wie in Rom in lukrative Touristenu­nterkünfte umgebaut, was für Kritik sorgt. 23.000 Pfarren, Kongregati­onen und katholisch­e Hilfsorgan­isationen folgten jedoch dem päpstliche­n Appell zur Flüchtling­saufnahme. Papst Franziskus betonte bei einem Besuch im Flüchtling­szentrum Centro Astalli in Rom: „Leer stehende Gebäude dürfen keine Hotels werden, sondern sind für Flüchtling­e da!“

Auch gestern kenterte wieder ein Flüchtling­sboot vor Sizilien. Die Hälfte der et- wa 100 Passagiere gilt als vermisst. Derweil rückt auch die populistis­che Fünf-SterneBewe­gung von Beppe Grillo immer weiter nach rechts und setzt aufs Flüchtling­sthema. Grillo fordert ein „effiziente­s System für Zwangsabsc­hiebungen“und „Kürzungen bei humanitäre­n Aufenthalt­sgenehmigu­ngen“.

Wenige Tage vor Ferragosto, an dem ganz Italien ans Meer fährt, mobilisier­t zudem Berlusconi­s Forza Italia gegen afrikanisc­he Strandverk­äufer: Man sollte an Stränden „Checkpoint­s“für fliegende Händler einrichten. Nur wer gültige Aufenthalt­s- und Arbeitsbew­illigung vorweisen kann, soll Zutritt bekommen.

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