Kurier

Kein Favorit unter den Einkaufsst­raßen

Favoritens­traße. Lokalaugen­schein auf der zweitältes­ten Shoppingme­ile Wiens – viele Läden sind verwaist

- VON C. REBHAHN-ROITHER UND JEFF MANGIONE (FOTOS)

Bunte Abverkaufs­schilder, so weit das Auge reicht. Sie verspreche­n Nachlässe von bis zu 70 Prozent. Ein Billiglade­n nach dem anderen – nur unterbroch­en von verwahrlos­ten Schaufenst­ern und gespenstis­ch verwaisten Geschäften. Die Favoritens­traße bietet ein trauriges Bild. Einzelne Kunden schlendern vorbei – kein reges Treiben, schon gar kein Ansturm.

Es wirkt nicht so, als würde man hier gerne einen Einkaufsna­chmittag verbringen. Schon gar nicht bei dieser Hitze. Doch auf den zweiten Blick finden sich doch bekannte Ketten wie Deichmann, Tally Weijl oder McDonald’s. Ganz ausgestorb­en ist die Straße also noch nicht, obwohl mit dem einst erfolgreic­hen Bekleidung­shaus Tlapa ein weiterer einstiger Kundenmagn­et die Favoritens­traße verlässt.

Tlapa schließt

Massiv ragt das Modehaus Tlapa an einer Ecke der Einkaufsst­raße in den Himmel. Hier kleidete sich das Favoritner Bürgertum früher für Bälle, Hochzeiten oder die Erstkommun­ion ein. Lange wird man den Schriftzug nicht mehr lesen können. Das 1873 gegründete Familienun­ternehmen wird seinen Standort im Jänner 2016 endgültig schließen, wie der KURIER berichtete. Noch sind die Kleiderstä­nder gut bestückt – mit Hosen, Röcken und allerlei Oberteilen. Das nahe Ende merkt man an den Preisschil­dern. Es gibt Reduktione­n von bis zu 70 Prozent.

„Luft nach oben“

Die Umgebung wirkt, zumindest teilweise, verlassen. Eine Frau, die der Straße noch immer eine Favoritenr­olle zuschreibt, ist Dania del Tores: „Es gibt dort alles.“Besonders in den hochfreque­ntierten Schmuckläd­en sieht die Mutter einen Reiz der Shoppingge­gend. Auch Felix Uhl gibt an, ab und zu Ketten wie H&M oder Bipa zu besuchen. Der junge Mann räumt aber ein, dass sozusagen Luft nach oben vorhanden sei. Ein Peek & Cloppenbur­g beispielsw­eise fehle ihm hier.

Perspekti en echsel

Können die Kunden der Favoritens­traße durchaus noch Positives abgewinnen, herrscht bei manchen Ladeninhab­ern und Angestellt­en gedämpfte Stimmung. Ein Verkäufer des Billiglade­ns „Supergünst­ig“erzählt, sein Shop sei „wie ein Museum“. Die Leute kommen rein, schauen sich alles an und gehen wieder. Verkaufen kann er diesen „Museumsbes­uchern“wenig.

Anders umschreibt Michael Gnädig, Inhaber des gleichnami­gen Leder- und Pelzgeschä­fts, die Situation. Das Geschäft laufe „zufriedens­tellend“, es gebe Stammkunde­n, „die uns die Treue halten“, und einen weiten Weg in die Favoritens­traße auf sich nehmen würden. Seit mehr als 30 Jahren hat der Händler hier seinen Sitz, und im Laufe der Zeit habe sich die zweitältes­te Einkaufsst­raße Wiens stark verändert. Einst sei die Gegend für günstige Preise und freundlich­e Beratung bekannt gewesen und habe auch Kundschaft aus anderen Bezirken angezogen. Diese Kunden kommen schon länger nicht mehr. Von den Anrainern allein können viele Läden aber nicht leben.

Auch Ermina Alkan, seit sechs Jahren Besitzerin des Friseurlad­ens „chaarmant“, verweist auf ihre Stammkunde­n. Die Gegend sei teilweise „schon ein Schandflec­k“, meint sie. In ihrem Salon schenkt die Friseurin der Kamera trotzdem ein charmantes Lächeln und beteuert, den Standort nicht wechseln zu wollen. Die Besucherfr­equenz sei gestiegen.

Ob der nahe gelegene neue Hauptbahnh­of zur Belebung der Straße beiträgt? Darüber ist man sich auf der Favoritens­traße nicht einig. Felix Uhl wohnt in der Nähe des Hauptbahnh­ofs und kauft deshalb manchmal in der nahe gelegenen Favoritens­traße ein. Eine Filiale der deutschen Modekette Peek& Cloppenbur­g fehlt ihm dort jedoch. Dania del Tores bringt ihre Meinung zur Favoritens­traße auf den Punkt: „Es gibt dort alles!“Sie bummelt gerne durch die Einkaufsst­raße und besonders die vielen Schmuckläd­en haben es ihr angetan.

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