„Feuerwehrleute dienstfrei stellen“
Jahr der Waldbrände. Dauereinsätze erhöhen den Druck auf dem Arbeitsplatz. Ruf nach gesetzlicher Regelung
168-mal – so oft wurden heuer die Feuerwehren in Österreich bereits zum Löscheinsatz wegen Waldbränden gerufen. Für Anfang August eine enorme Zahl. Womit die Statistik die subjektive Wahrnehmung bestätigt: 2015 ist nicht nur ein besonders heißes und trockenes, sondern auch ein besonders feuriges Jahr. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es insgesamt 146, im bisherigen Allzeit-Rekordjahr 2012 registrierte man 270 Brände. Betrachtet man die Entwicklung der vergangenen Jahre, zeigt die Kurve deutlich nach oben.
Dass das nicht ganz „normal“ist, kann auch Harald Vacik vom Institut für Waldbau an der Wiener Universität für Bodenkultur bestätigen. Der Experte spricht von einer „Anomalie, mit der wir es zu tun haben. In den letzten 30 Jahren hat sich etwas verändert. Auch wenn wir das nicht dem Klimawandel unterschieben wollen, gibt es doch Hinweise darauf, dass einiges im Gange ist.“
Das Institut hat eine Waldbrand-Datenbank erstellt. Die zeigt, dass vor allem Niederösterreich, Tirol und Kärnten betroffen sind. Und zwar in immer größerem Umfang. „Österreich ist an sich kein klassisches WaldbrandLand wie der mediterrane Raum“, sagt Vacik. Aber das könnte sich ändern. Prognosen sprechen von einer deutlichen Zunahme von Tagen mit Waldbrandgefahr. Zu befürchten ist auch, dass sich die Brände öfter zu Großereignissen entwickeln, womit sich neue Herausforderun- gen für die Feuerwehren ergeben.
Ein solches Großereignis war etwa der Waldbrand im kärntnerischen Lurnfeld, der Hunderte Feuerwehrleute im April und Mai drei Wochen lang in Atem hielt. Zur Herausforderung wurde die Rekrutierung Freiwilliger. „An Spitzentagen kämpften am Lurnfeld 362 Mann gegen Feuer und Glutnester. Sie verbrauchten dabei ihren Jahresurlaub, um den Mitmenschen in Not zu helfen“, sagt der Feuerwehrkommandant des Bezirks Spittal, Johann Zmölnig. Hintergrund: Ehrenamtliche Helfer haben kein Recht auf Dienstfreistellung und Entgeltfortzahlung.
Zmölnig fungierte als Einsatzleiter am Lurnfeld und ortet „ein Problem, das stetig wächst: Meistens handelt es sich um kleine Firmen, die ihre Existenz nicht aufs Spiel setzen und Mitarbeitern für den Brandeinsatz freigeben wollen. Der Druck der Firmen steigt, die Bereitschaft der Freiwilligen sinkt.“
Zmölnig fordert daher eine bundesweite Regelung: „Es reicht, dass die Feuerwehrleute die Ausbildung in der Freizeit absolvieren. Für Einsätze müssen sämtliche Feuerwehrleute so rasch wie möglich dienstfrei gestellt werden, die Firmen sollen eine Entschädigung erhalten.“
Ähnlich sieht das Pinkafelds Stadtfeuerwehrkommandant Kurt Tripamer aus dem Burgenland: „Grundsätzlich ist es zur Zeit noch machbar.“Doch die Einsätze werden immer mehr. „Wir haben genügend Firmen, die die Feuerwehr unterstützen und Mitarbeiter freistellen“, sagt Tripamer. Aber es werde immer schwieriger, im Ort einen Job zu finden. „Es wird ein massives Problem werden“, meint er. Hilfe erhofft er sich von der öffentlichen Hand. „Wenn Schulwartposten oder Ähnliches neu ausgeschrieben werden, sollten Feuerwehrleute bevorzugt werden.“Er selbst arbeitet bei der Raiffeisen-Bank. „Sind genügend Kollegen im Dienst, kann ich weg“, sagt Tripamer. Doch sind Kollegen im Urlaub, „kann ich nicht zusperren“. Viele müssen bei Einsätzen dann ihren Urlaub oder Zeitausgleich konsumieren.
Wieder Waldbrand
Alarmstufe 3 wurde Montagabend bei einem Waldbrand in Loibersdorf bei Unterweitersdorf (OÖ) ausgegeben. Es handelte sich um ein Lauffeuer, das sich rasch auf 7000 m² Waldfläche ausbreitete. Über Bezirksgrenzen hinweg wurden Feuerwehren alarmiert. Mit vereinten Kräften gelang es schließlich, eine Katastrophe zu verhindern. Auch Bauern halfen bei der Brandbekämpfung. Der Einsatz war schwierig und kräfteraubend. Drei Feuerwehrleute mussten wegen Kreislaufproblemen vom Roten Kreuz betreut werden. Ein Mann wurde nach einem Kollaps ins AKH Linz gebracht.