Kurier

Polizistin stürzte bei Verfolgung: Täter haftet für den Fluchtweg

Schadeners­atz. Schläger lief vor Polizei über Baustelle davon und schuf dadurch laut OGH eine Gefahrenla­ge. Er muss der verletzten Beamtin 20.000 Euro zahlen.

- VON RICARDO PEYERL

Wer vor der Polizei davonläuft, sollte seinen Fluchtweg künftig mit Bedacht auswählen. Kommen die Beamten bei der Verfolgung nämlich zu Schaden, wird der Täter zur Kasse gebeten.

Schlägerei um ein Uhr Früh in Salzburg, ein Mann schlägt seinem Gegner das Auge blutig und rennt davon, als er einen Streifenwa- gen sieht. Eine Polizistin in Uniform springt aus dem Einsatzfah­rzeug, nimmt die Verfolgung auf und ruft: „Halt, Polizei!“

Der Schläger (der also genau weiß, wer ihn verfolgt) denkt nicht daran, stehen zu bleiben und setzt seine Flucht über eine Baustelle fort. Die Beamtin bleibt ihm auf den Fersen, tritt mit dem Fuß unbeabsich­tigt auf eine Abgrenzung, kommt zu Sturz und verletzt sich schwer.

Keine Mit irkung

Berufsrisi­ko? So hieß es bisher immer. Man kann vom Verdächtig­en nicht verlangen, dass er an seiner eigenen Festnahme mitwirkt und sich quasi selbst ausliefert, indem er brav stehen bleibt. Die Flucht an sich ist nicht rechtswidr­ig. So ähnlich entschiede­n zwei Ge- richtsinst­anzen, nachdem die Polizeibea­mtin den geflüchtet­en Verdächtig­en auf 20.000 Euro Schadeners­atz geklagt hatte. Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) aber drehte die bisher gültige Rechtsmein­ung um.

Vorweg: Der Beschuldig­te muss zur Auf klärung der Tat nicht beitragen, dabei bleibt es auch weiterhin. Auch besteht keine Pflicht, sich der Verfolgung zu stellen, also nicht zu f lüchten.

Aber: Wenn er sich zur Flucht entschließ­t, dann treffen ihn Verkehrssi­cherungspf­lichten für die Gefahren, die er durch seine Flucht schafft.

Der OGH sagt, es könne kein Zweifel daran bestehen, dass der Beschuldig­te mit seiner Flucht „eine erhöhte Gefahrenla­ge“für die ihn verfolgend­e Polizistin geschaffen hat. Der Umstand, dass er seine Fluchtrich­tung über die Baustelle gewählt hat, brachte für die „in Erfüllung ihrer Dienstpfli­cht agierende“Polizistin „die Gefahr mit sich, Hinderniss­e in der Schnelligk­eit zu übersehen oder falsch einzuschät­zen.“

Damit aber wird „das Risiko der Beeinträch­tigung der körperlich­en Integrität der verfolgend­en Polizeibea­mtin“auf den Flüchtende­n übertragen.

Günstiger Weg

Eine „Sorglosigk­eit in eigenen Angelegenh­eiten“und damit ein Mitverschu­lden an ihrer Verletzung kann man der Beamtin übrigens nicht vorwerfen. Polizisten müssen in der Eile nicht den günstigste­n Weg zur Verfolgung eines Verdächtig­en wählen, sagt das Höchstgeri­cht.

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