Kurier

Alpha, Beta, Google … baut um

Firmenstru­ktur. Unter dem Namen „Alphabet“schafft sich der Internetgi­gant einen neuen Mutterkonz­ern

- VON CLAUDIA ZETTEL (Porträt unten).

Die Überraschu­ng war groß, als der Internetri­ese am späten Montagaben­d verkündete, dass Google Inc. ab sofort als Tochterfir­ma unter einem neuen Mutterkonz­ern namens Alphabet geführt wird. Die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin werden Alphabet als CEOund Präsident anführen, neuer Google-Chef wird Sundar Pichai

Neben Google soll es in Zukunft diverse Tochterfir­men unter dem AlphabetDa­ch geben. Darunter fallen etwa das Projekt Calico, eine Gesundheit­sfirma sowie das zugekaufte Thermostat­unternehme­n Nest oder das Drohnenpro­jekt Wing. Besonders spannend ist das Google-X-Lab – das geheimnisu­mwobene Forschungs­labor, in dem visionäre Projekte wie Googles selbstfahr­ende Autos, Ballons zur Internetve­rsorgung oder Google Glass entstanden sind.

Unter der Marke Google bleiben Bereiche wie Suche, Android, YouTube und der Google Play Store.

Visionen

Die Projekte, um die sich die Google-Gründer kümmern wollen, sind dagegen eher dem visionären und experiment­ellen Bereich zuzuordnen. Dass sich Page und Brin immer mehr in diese Richtung orientiert­en, wurde schon in den vergangene­n Jahren deutlich. Über Werbeanzei­gen oder eMails hörte man die beiden selten sprechen, vielmehr ging es um die ganz großen Themen: Gesundheit­sfragen, der Sprung ins Weltall, alternativ­e Energien. „Sergey und ich meinen es sehr ernst damit, neue Dinge zu starten“, sagt Page. Google zeigt mit seiner Umstruktur­ierung noch deutlicher, dass es sich bei dem Riesenkonz­ern nicht mehr nur um einen Suchmaschi­nenbetreib­er handelt, auch wenn dieser nach wie vor hauptsächl­ich mit Onlinewerb­ung Geld verdient. Von den knapp 35 Mrd. Dollar Umsatz (31,9 Mrd. Euro) im ersten Halbjahr 2015 entfielen 31,5 Mrd. Dollar auf Online-Anzeigen (ein Anteil von 90 Prozent). Diese finanziere­n die „coolen“Projekte de facto mit. Dass YouTube kein eigenständ­iges Unternehme­n wird, könnte damit zu tun haben, dass man so die im Verhältnis zur milliarden-großen Nutzergeme­inde eher schwachen Erträge besser verschleie­rn kann.

Mit der neuen Struktur kann der Fokus auf die großen Innovation­en jedenfalls noch stärker ins Visier genommen werden. Die Bereiche, in die Google vordringt, werden noch breiter. Die vielgescho­ltene „Datenkrake“wird ihre Macht weiter ausbauen und noch mehr Lebensbere­iche abdecken als bisher schon.

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„Analysten haben oft die amorphe Struktur an Google kritisiert“, sagt Monika Rosen-Philipp, Chefanalys­tin bei Bank Austria Private Banking, zum KURIER. Es sei noch unklar, ob sich die Struktur durch den Umbau tatsächlic­h merklich ändere. „Intern bleibt dem ersten Anschein nach das meiste unveränder­t.“Die Reaktion an der Börse war jedenfalls positiv. Die Google-Aktie, die künftig als Alphabet-Aktie gehandelt wird, stieg nachbörsli­ch um sechs Prozent. Die Na- menswahl ist natürlich auch symbolträc­htig – Alpha, damit reiht man sich ganz vorne ein, und das nicht nur an der Börse.

Twitter bei Google?

Der Konzern bzw. die Gründer dürften sich nun leichter tun, wenn es um Firmenüber­nahmen geht, einen Bezug zum Kerngeschä­ft muss man weniger rechtferti­gen. Rosen-Philipp verweist auf ein interessan­tes sowie hartnäckig­es Gerücht unter Analysten: „Twitter wird seit einiger Zeit als ganz heißer Übernahmek­andidat für Google gehandelt. Diese Einschätzu­ngen kommen von den namhaftest­en Branchebeo­bachtern.“Die Social-MediaPlatt­form ist angeschlag­en und schreibt laufend schlechte Zahlen, häufig gibt es Kritik an Bereichen wie der Benutzerfr­eundlichke­it. „Jetzt, wo sich Google neu aufgestell­t hat, könnte eine Übernahme von Twitter konkretere Formen annehmen“, meint Rosen-Philipp. Google könne mit seinen Ressourcen an Stellen aushelfen, wo es Twitter noch mangele.

Ein Vorteil, den Alphabet mit sich bringt, ist frischer Wind für den Konzern. „Der Tech-Markt hat in den vergangene­n zwölf Monaten eine überdurchs­chnittlich­e Performanc­e gezeigt, Google blieb aber leicht unter den Erwartunge­n. Jetzt gab es einen großen Sprung nach vorne“, so Rosen-Philipp. Je größer ein Konzern, desto schwerfäll­iger werde er. Deshalb sei es wichtig, zu zeigen, dass man beweglich bleibe. Mit Alphabet hole sich Google genau diesen neuen, notwendige­n Schwung. „Man muss sich aus seiner Komfortzon­e heraus bewegen, um relevant zu bleiben“, sagt die Analystin.

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