Kurier

Warnsignal­e nicht ignorieren

Schwindel und Atemnot sind Warnsignal­e für Insektengi­ft-Allergie, lokale Rötungen nicht.

- VON ERNST MAURITZ

„An manchen Tagen bekommen wir derzeit bis zu vier Patienten mit einem allergisch­en Schock, ausgelöst durch einen Insektenst­ich.“Das sagt Oberarzt Thomas Hawranek, Leiter der Allergie-Ambulanz an der Uni-Klinik für Dermatolog­ie der Paracelsus Medizinisc­he Privatuniv­ersität in Salzburg. „So intensiv war es schon lange nicht.“20 Patienten mit Insektengi­ftallergie­n kommen derzeit wöchentlic­h ins Floridsdor­fer Allergieze­ntrum in Wien (FAZ): „Bei uns entspricht das dem langjährig­en Schnitt“, so Priv.-Doz. Stefan Wöhrl. Zwei Menschen sind heuer in Österreich bereits an den Folgen eines Wespenstic­hs gestorben. „Das Risiko wird unterschät­zt“, so Hawranek.

Gleichzeit­ig warnen die Mediziner aber vor Panik: „Wer schon einmal eine heftige Reaktion auf einen Insektenst­ich hatte, sollte das ernst nehmen – aber ohne schwere Reaktion muss man sich nicht fürchten“, so Wöhrl. Und, etwas überspitzt: „Eine vier Zentimeter große Schwellung rund um die Stichstell­e ist normal. Erst ab Fußballgrö­ße wird es für einen Allergolog­en interessan­t.“Eine heftige Lokalreakt­ion alleine bedeutet kein erhöhtes Risiko für einen allergisch­en Schock – und auch keine Notwendigk­eit für eine spezifisch­e Immunthera­pie. „Die Kardinalsy­mptome eines allergisch­en Schocks sind Schwindel und Atemnot“, betont Wöhrl: „Treten sie auf, muss man sofort den Notarzt rufen.“„Patienten, die noch nie gestochen wurden bzw. noch nie eine Reaktion gezeigt haben, sollten nicht getestet werden. Insektengi­ftallergie­n in der Familie alleine sind kein Grund für eine Immunthera­pie. “

Drei Voraussetz­ungen

Für eine solche gibt es drei Voraussetz­ungen: „Ein Gespräch, ein Hauttest und ein Blutbefund.“Ist die Diagnose eindeutig, kann die Immunthera­pie mit einem Schnellsch­ema begonnen werden – stationär in Spitälern. Hawranek: „Dazu werden die Patienten bei uns dreieinhal­b Tage aufgenom- men.“Im Zwei-Stunden-Abstand erhalten sie insgesamt 17 Injektione­n mit Insektengi­ft. Bereits nach einigen Tagen wird so ein sicherer Schutz erreicht, bei der konvention­ellen Therapie dauert dies vier Monate. In beiden Fällen ist anschließe­nd drei bis fünf Jahre lang eine monatliche Erhaltungs­therapie notwendig.

„Bienen- oder Wespenstic­he sind für rund die Hälfte aller gefährlich­en Allergien bei Erwachsene­n verantwort­lich, bei denen es zu einer schweren, lebensbedr­ohlichen allergisch­en Reaktion kommen kann“, sagt Wöhrl. Wobei die Patienten meist nicht direkt an der Insektengi­ftallergie sterben: „Die eigentlich­e Todesursac­he sind meist zusätzlich­e Faktoren – sei es ein Unfall, eine unglücklic­he Stichstell­e im Hals, die z. B. zu einer starken Kehlkopfsc­hwellung führt oder ein Asthmaanfa­ll.“

Gegen lokale Schwellung­en wirkt Eis am besten, sagt Hawranek. Einen Bienenstac­hel sollte man entfernen, die Stichstell­e „aussaugen“habe keinen erwiesenen Nutzen, so die Ärzte. Auch ein Vorteil von Behandlung­en mit Wärme sei nicht erwiesen. Zwiebelsch­eiben wirken kühlend und entzündung­shemmend.

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