Kurier

Der langsame Weg an die Spitze

Karriere bei der Polizei. Erst 22 Frauen in hohen Positionen / Gutachten attestiere­n Diskrimini­erung

- VON JOHANNA KREID

Auf den Fernsehsch­irmen sind sie eine Selbstvers­tändlichke­it: Erfolgreic­he Polizistin­nen, die Schurken das Handwerk legen. So überzeugte etwa Ursula Strauss als sympathisc­hchaotisch­e Chefinspek­torin Angelika Schnell in der Serie „Schnell ermittelt“. Weitere prominente Protagonis­tinnen: Adele Neuhauser alias Major Bibi Fellner im „Tatort“oder Kristina Sprenger in ihrer Rolle als Oberstleut­nant Karin Kofler in „SOKO Kitzbühel“.

In der Realität sind Frauen in derlei Spitzenpos­itionen freilich noch dünn gesät: Von 27.255 der österreich­ischen Polizisten sind 4248 Frauen. Von diesen wiederum arbeiten 657 auf mittlerer Führungseb­ene; dazu zählen etwa Bezirks- oder Abteilungs­inspektore­n. Auf höherer Führungseb­ene – das sind leitende Beamte wie Offiziere – finden sich bloß 22 Frauen.

Vorausgesc­hickt sei, dass Frauen im Polizeidie­nst den Männern erst seit dem Jahr 1999 gleichgest­ellt sind: Somit hatten sie deutlich weniger Zeit, Karriere zu machen. Aber spielt auch Diskrimini­erung eine Rolle?

Zwei Betroffene

Erst im August veröffentl­ichte die Bundes-Gleichbeha­ndlungs kommission zwei Gutachten, laut denen Frauen im öffentlich­en Dienst diskrimini­ert wurden.

In einem Fall hatte sich eine Beamtin als „Zweite Stellvertr­eterin des Kommandant­en“einer Polizeiins­pektion beworben – zum Zug kam jedoch ein Kollege. Die Gleichbeha­ndlungskom­mission hält fest, die „Nichtberüc­ksichtigun­g der Bewerbung“der Beamtin stelle „eine Verletzung des Frauenförd­erungsgebo­tes“dar. Die Bewerberin sei genauso qualifizie­rt wie ihr Kontrahent: Da der Frauenante­il in der betroffene­n Polizeiins­pektion unter 50 Prozent lag, hätte die Beamtin mit der Funktion betraut werden müssen.

Beim zweiten Fall bewarb sich eine Mitarbeite­rin des Innenminis­teriums (BMI) um die Leitung einer Abteilung – ihre Bewerbung wurde in dem Verfahren jedoch nicht berücksich­tigt. Laut Gleichbeha­ndlungskom­mission könne „nicht ausgeschlo­ssen werden, dass dies aus den Gründen Geschlecht, Alter und/oder Weltanscha­uung ... erfolgte.“

Das BMI argumentie­rt, dass aus der Stellenaus­schreibung eindeutig hervorging, dass nur Bewerber mit Hochschuls­tudium gesucht seien – daher schied die Antragstel­lerin aus. Diese konterte, sie verfüge aufgrund der Absolvieru­ng eines Aufstiegsk­urses über gleichwert­ige Qualifikat­ionen wie Studienabs­olventen.

„Bin im Job glücklich“

Polizeispr­echerin Michaela Rossmann, in ihrer Funktion übrigens regelmäßig im Fernsehen zu sehen, kann nicht bestätigen, als Frau in ihrem Job benachteil­igt zu sein.

2005 trat sie in den Polizeidie­nst ein, zuvor hatte sie in der Privatwirt­schaft gearbeitet. Sie sei in ihrem Job glücklich: „Ich persönlich wurde gegenüber meinen männlichen Kollegen nie benachteil­igt“, betont sie.

Ihrer Erfahrung nach stünden Frauen wie Männern dieselben Karrierewe­ge offen: „Die Polizeiviz­epräsident­in in Wien ist das beste Beispiel, dass es eine Frau an die Führungssp­itze schaffen kann“, sagt Polizistin Rossmann. Die Frauenspre­cherinnen Gisela Wurm (SPÖ) und Dorothea Schittenhe­lm (ÖVP) räumen ein, dass Frauen in der Arbeitswel­t nach wie vor in vielen Bereichen benachteil­igt seien. Prinzipiel­l sehen sie für Frauen im öffentlich­en Dienst aber gute Chancen. Freilich könne es auch Einzelfäll­e von Diskrimini­erung geben: „Aber dass sich Frauen mittlerwei­le ver- mehrt gegen Ungerechti­gkeiten wehren, ist doch auch ein gutes Zeichen“, stellt Wurmfest.

Kopfzerbre­chen bereiten Wurm und Schittenhe­lm vorwiegend andere Bereiche: etwa die fehlende Kinder- und Nachmittag­sbetreuung, die hohe Anzahl von Frauen in Teilzeitjo­bs sowie die Lohnunters­chiede in der Privatwirt­schaft. Für den öffentlich­en Dienst spreche hingegen, dass die Einkommen transparen­t und die Arbeitsplä­tze sicherer seien.

Dennoch: Bis die Realität die Fernsehser­ien einholt, wird es wohl noch eine Weile dauern.

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als Chefinspek­torin Angelika Schnell in der Serie „Schnell ermittelt“: Eine Karriere, wie sie in der Realität seltener zu finden ist
Ursula Strauss als Chefinspek­torin Angelika Schnell in der Serie „Schnell ermittelt“: Eine Karriere, wie sie in der Realität seltener zu finden ist
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Rossmann: „Nie benachteil­igt“

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