Helfer mit Lebenserfahrung verändern die Schule
Quereinsteiger. Bernhard Reingruber ließ für die Lehrer-Initiative „Teach for Austria“seine internationalen Wirtschaftsjobs hinter sich
Bernhard Reingruber hatte eine glänzende Karriere vor sich: Studium der Betriebswirtschaftslehre, Berufserfahrung im Ausland, kommunikatives Auftreten. In Kanada und Indien arbeitete er für Start-ups und unterstützte die jungen Firmengründer in der Anfangsphase. Gründete selbst ein Unternehmen. „In Indien bin ich erstmals mit Schulkindern und ihrem Unterricht konfrontiert worden und habe festgestellt, wie ungleich die Chancen auch hier bei uns sind“, erinnert er sich.
Als er die Bildungsinitiative „Teach for Austria“im Internet entdeckte, war er begeistert. ’as Programm bereitet engagierte Quereinsteiger auf den Unterricht in einer Schule in einer von Armut geprägten Ge- gend vor. „’er erste Tag in einer Schule im zehnten Bezirk in Wien war trotzdem ein Schock, eine Überforderung“, erinnert sich Reingruber. Zwei Jahre arbeitete er als „Fellow“, eine Art Junglehrer, bevor er heuer selbst eine Klasse übernehmen darf, die er zu zweit mit einem Teamlehrer betreut.
Krisensituationen
„Wie in Fack ju Göhte‘ wollen die Schüler die Grenzen des Lehrers austesten, wollen seine Aufmerksamkeit. Auch weil das vielen zu Hause fehlt. ’a ist man persönlich sehr gefordert. Wir von Teach for Austria‘ bekommen dafür begleitendes Training und Supervision, damit wir diese Situationen ref lektieren können. ’a ist die Ausbildung nicht am ersten Schultag vorbei. Aber die Lehrer werden damit alleine gelassen“, kritisiert er. Reingruber sieht einen wichtigen Vorteil der Quereinsteiger gegenüber den Kollegen, die direkt „von der Schule in die Schule“gehen: „Viele von uns haben in ihrem Beruf Verantwortung übernommen und Leadership gezeigt. ’iese Erfahrung hilft in der Klasse enorm.“Schließlich geht es in der Schule nur teilweise um den Unterricht: Wir arbeiten viel am sozialen Lernen. Wie geht ihr mit Konflikten um? Wie gebt ihr Feedback und nehmt es an? Wie kann ich euch zur Bildung motivieren? Erst dann geht es um Mathematik.“
Was er selbst erst lernen musste, war Konsequenz. „Es ist wichtig, die Einhaltung von Re- geln einzufordern. ’ie gleichen Regeln, die gleichen Konsequenzen, immer wieder.“
„Mehr ist möglich“
Vor allem liegt ihm ein Grundwert von „Teach for Austria“am Herzen: Mehr ist möglich. „Wenn ich in einer Klasse von 25 Kindern stehe, sehe ich ihre übersprudelnde Kreativität und will das fördern.“Auch Professionalität und Begeisterung zählen im Bewerbungsverfahren, nach dem jährlich rund 30 Kandidaten beginnen. Findige Ganoven wie Zeki Müller aus „Fack ju Göhte“haben keine Chance: Alle Teilnehmer müssen einen Universitätsabschluss haben.