Wozu Menschen auf einmal fähig sind
Die einen helfen bis zu Erschöpfung, die anderen lassen ihrem Hass freien Lauf. Der KURIER weiß, wo er hingehört.
Wie gespalten unsere Gesellschaft im Moment ist, erlebt die KURIER-Redaktion ganz besonders intensiv. Da kommt viel Zustimmung von Organisationen und Menschen, die sich großartig um die Flüchtlinge kümmern, weil wir das Leid dieser Schutzlosen zeigen und von Anfang an geschrieben haben, dass wir helfen müssen. Hasspostings auf kurier.at werden wir weiter löschen, auch wenn deren Autoren gerne „Zensur“rufen, wo wir für Hygiene sorgen. Aber es gibt auch Kritik, weil wir deutlich auf die Folgen des ungebremsten Zustroms aufmerksam machen. Glaubwürdiger Journalismus muss deutlich sagen: Natürlich kostet die Unterbringung, Ernährung und Ausbildung von geschätzt 80.000 zusätzlichen Menschen in diesem Jahr viel Geld. Und natürlich fühlen sich viele Kommunen belastet, wenn sie sich an neue Gesichter und neue Gebräuche gewöhnen müssen. Und es ist einfach notwendig, darauf hinzuweisen, dass auch im nächsten Jahr Flüchtlinge nach Europa streben werden. Die Berichte aus den Flüchtlingslagern des Nahen Ostens zeigen das. Die Unfähigkeit der internationalen Gemeinschaft, dort zu helfen, wird sich nicht in wenigen Wochen in die Einsicht umwandeln, dass die Not in Jordanien, dem Libanon oder der Türkei dringend gelindert werden muss.
Die größte Sorge sollte uns aber machen, wie schnell unsere Ordnung durch den Zuzug von Flüchtlingen durcheinandergekommen ist, und wie dünn die Decke unserer Zivilisation ist. Wer die Bilder gesehen hat,wie ungarische Polizisten halb verhungerten Menschen lässig und zugleich höhnisch Brote zugeworfen haben, fragt sich, wozu diese Männer noch fähig sind. Werner Faymanns Vergleich mit der „dunkelsten Zeit unseres Kontinents“ist freilich auch völlig unpassend
Syrien. Im August hat die syrische Armee so heftig belagerte Städte bombardiert wie selten bisher im seit vier Jahre tobenden Krieg. Nach Angaben der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“wurden allein in nur sechs Spitälern nahe der Hauptstadt Damaskus knapp 2000 Kriegsverletzte behandelt. An die 400 Amputationen mussten dort vorgenommen werden, oft ohne Betäubungsmittel und ohne die notwendigsten Medikamente.
Knapp 400 Menschen musste das Klinikpersonal im August für tot erklären. Jedes vierte Opfer der von der syrischen Luftwaffe verwundeten oder getöteten Zivilisten war ein Kind unter fünf Jahren. Die UNO befürchtet, dass die jüngste Offensive der Armee eine weitere Million Syrer bis Jahresende zur Flucht außer Landes zwingen wird.