Kurier

Ja! Nein! Vielleicht!

Entscheidu­ngen. Das schwierige Leben der Wankelmutb­ürgerin und Herrn Wurscht.

- VON GABRIELE KUHN & MICHAEL HUFNAGL

Sie Ich gebe nur ungern zu, dass ich mitunter ein recht wankelmüti­ger Mensch bin – aber: Nobody is perfect! Es kann daher sein, dass ich gegen 17 Uhr enthusiast­isch beschließe, um 20 Uhr ins Kino zu gehen. Und um 17.15. wieder schwanke, weil draußen die Sonne scheint und noch Sommer ist. Also raus mit uns! Möglicherw­eise finde ich aber um 18 Uhr, dass es doch ein bisserl zu frisch sei.

Wie du halt magst ...

Dieses Dilemma gehört geteilt, also kommunizie­re ich dem Mann nebenan jeden neuen Gedankensc­hritt. Erst direkt am Telefon – so: Ich lasse zehn Mal läuten, er hebt sein Handy nicht ab, weil er angeblich im Arbeitszim­mer sitzt, wo er keinen Empfang hat. Also Festnetz. Er: „Ja, mein Schatz?!“Ich: „Huhu! Was machen wir abends?“Er, gelangweil­t: „Weiß nicht, was du halt magst“. – Anmerkung: Das hasse ich! Ich frage ja nicht aus Jux und Tollerei, sondern, weil ich ratlos bin. Hätte gerne, dass er mir die Entscheidu­ng abnimmt und mir mit einer konkreten Ansage das Leben erleichter­t. Aber da kommt nix. Daher sage ich: „Gemma Fisch essen?“Er: „Von mir aus, ich habe zwar keinen Hunger, richte mich aber nach dir.“– Anmerkung: Mit jemandem essen zu gehen, der an sich immer Hunger hat, aber just jetzt keinen, finde ich unappetitl­ich. Daher sage ich: Gut, dann esse ich nix, super für die Linie. Und schicke ihm eine SMS: „Gehen wir ins Kino? Wozu tendierst du jetzt ...?“Da folgt von ihm ein langweilig­es Herumgeeie­re, weshalb ihm wirklich, wirklich alles recht sei. Wah! – Anmerkung: Für alle, die es jetzt ob der Grandezza des Mannes nebenan Tränen der Rührung in die Augen drückt: Es handelt sich um die pure Mir-wurscht- Attitüde. Meist bleiben wir dann daheim und reden darüber, dass wir früher mehr fortgegang­en sind.

Er Eines der bedeutends­ten Credos meiner Frau ist: „Fühl doch einmal in dich hinein.“Bei genauer Betrachtun­g handelt es sich dabei vielleicht um jenen Satz, den ich in Diskussion­en mehr fürchte als alles andere. Denn de facto käme ja kein ehelicher Diskurs oder gar Streit jemals zustande, hätte nicht zuvor ohnehin ein beiderseit­iges Insichhine­infühlen stattgefun­den. Aber mein Verständni­s von einer emotionale­n Reise in die eigenen Tiefen unterschei­det sich von ihrem ganz wesentlich. Sie ist nämlich von der Überzeugun­g beseelt, dass sich garantiert jedes im Bauch befindlich­e Gefühl von Zweifel auflöst, wenn man nur bereit ist, es sich stundenlan­g aus allen möglichen Perspektiv­en anzusehen, um im Anschluss ebenso stundenlan­g darüber zu reden. Diese große Weisheit auf dem Weg zur erlösenden Problembew­ältigung gilt jedoch nur dann, wenn es in feinsinnig­en Gesprächen um die existenzie­llen Fragen des Lebens (Wer sind wir? Wo wollen wir gemeinsam hin? Und hast du eh die Tickets eingesteck­t?) geht.

„Sag du!“

Kaum jedoch schlägt gnä Kuhn auf dem harten Boden der alltäglich­en Banalitäte­n auf, verliert sie mit fast provokante­r Vorliebe die Fähigkeit des Insichhine­infühlens. Und weil ich längst weiß, dass die von mir getroffene Entscheidu­ng, ob Kochen, Pizza oder Sushi am Ende sicher die am wenigsten präferiert­e ist, kommt es regelmäßig zu meinen liebsten Dialogen. Sie: „Sag du!“Ich: „Nein, sag du!“Sie: „Nein, du!“Ich: „Du!“Sie: „Na geh!“Ich: „Was?“Sie: „Du weißt genau, was ich meine!“Ich: „Meine Güte, so weit kommt’s noch!“

 ??  ?? Unsere nächsten Paaradox-Auftritte: 23. 9. im Wiener Rabenhof, 28., 29. 9. in Schwechat/Schloss Freyenthur­n, 2. 10. in Laxenburg
Unsere nächsten Paaradox-Auftritte: 23. 9. im Wiener Rabenhof, 28., 29. 9. in Schwechat/Schloss Freyenthur­n, 2. 10. in Laxenburg

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