Kurier

Europas Regeln gegen das Schuldenma­chen

Maastricht-Kriterien. Warum das Regelwerk recht willkürlic­h ist und nicht funktionie­rt hat

- (BIP)

Angelsächs­ische Ökonomen können die Schadenfre­ude kaum verhehlen. Viele hatten vor dem Euro-Start gewarnt: Eine Währung ohne gemeinsame Finanzpoli­tik kann nicht gut gehen. So weit wollten die Europäer aber ihre Eigenständ­igkeit nicht aufgeben. Die Lösung sollten strenge Regeln sein: die Maastricht-Kriterien, wonach die Staatsschu­lden weniger als 60 Prozent der Wirtschaft­sleistung betragen sollen. Oder zumindest in diese Richtung sinken sollten: Italien hatte vom Start weg viel zu hohe Schulden.

Zugleich durfte das jährliche Budgetdefi­zit (die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben) nicht höher als 3 Prozent des BIP sein. Warum 60 und 3 Prozent? Der Grund ist nicht etwa eine tiefgründi­ge Expertise, sondern recht banal: 60 Prozent war die durchschni­ttliche Schuldenqu­ote der Euro-Gründungsm­itglieder. Dieser Wert sollte nicht weiter steigen. Aus üblichen Wachstums- und Inflations­raten leitete man das maximal zulässige Defizit von 3 Prozent ab. Konsequent eingehalte­n wurde das nie. Und Sanktionen gab es nicht, weil dieselben Finanzmini­ster diese beschließe­n mussten, in an- deren Fällen die Sünder waren – etwa Deutschlan­d und Frankreich 2003. Erst nach der Krise wurden die Regeln scharf gestellt. Warum glaubt der IWF, dass Griechenla­nd die Schulden bei 120 Prozent des BIP zurückzahl­en kann, aber nicht bei 150 Prozent? Das ist ähnlich willkürlic­h. Es beruht darauf, dass Italien mit dieser Quote seit Jahren einigermaß­en zurande kommt.

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