Kurier

Ein Akt der Hilflosigk­eit

Die neuerliche­n Grenzkontr­ollen bringen nur eine Verlagerun­g der Probleme und definitiv keine Lösung.

- gert.korentschn­ig@kurier.at

Sonntagfrü­h war der deutsche Kabarettis­t HG Butzko zu Gast bei Eva Rossmann im „Café Sonntag“auf Ö1 und sagte viel Kluges. Etwa, dass man sich nicht wundern dürfe, wenn aus manchen Regionen auch viele Wirtschaft­sflüchtlin­ge nach Europa kämen, weil doch Europa jahrzehnte­lang nur eurozentri­sch agiert und damit alles getan habe, dass es diesen Menschen in ihrer Heimat nicht besser gehe. Oder dass die Herzlichke­it der Deutschen, etwa am Bahnhof in München, zwar erfreulich, der Applaus für die Flüchtling­e aber absurd gewesen sei – die Hilfesuche­nden hätten ja keine Etappe der Tour de France gewonnen.

Sonntagnac­hmittag wurde dann klar: Der Anflug bedingungs­losen humanitäre­n Handelns ist schon wieder vorbei, Deutschlan­d verschärft die Kontrollen, der Zugverkehr aus Österreich wurde vorerst gestoppt. Was diese Schritte konkret bedeuten, wie sehr sich die Situation dadurch weiter verschlimm­ert, wird man erst in den kommenden Tagen sehen können.

Die Entscheidu­ng war aber erwartbar, weil sich der Druck auf Angela Merkel vor allem in Bayern verschärft hatte und kein Land der Welt alleine einen solchen Flüchtling­sstrom auffangen kann. Die Wiedereinf­ührung der Kontrollen ist Ausdruck der Hilflosigk­eit, der Überforder­ung angesichts der Massen und des Tempos. Und ein Eingeständ­nis Deutschlan­ds, dass man meilenweit von EU-weiter Solidaritä­t entfernt ist, solange Quoten für manche (Ost)-Länder tabu sind.

Das Problem ist nur: Andere Länder fühlen sich bestärkt, manche werden folgen. Für die Flüchtling­e ist das katastroph­al. Sie sind gezwungen, auf andere Routen und Methoden umzusteige­n. Man treibt sie in die Illegalitä­t. Was jetzt passiert, ist keine Lösung, sondern eine Verlagerun­g, ein Wegschiebe­n des Problems. Behandelt wird wieder nur ein Symptom, nicht die Ursache.

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GERT KORENTSCHN­IG

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