Serbisch-kroatischer Streit eskaliert
Weniger Flüchtlinge. Zustrom nach Kroatien ist derzeit schwächer
Der Flüchtlingsstrom auf der Balkanroute ist vorerst abgeebbt. SOS-Konvoi-Mitarbeiterin K. Hageneder beschreibt die Lage in den kroatischen Erstaufnahmelagern Opatovac und Bapska als „ruhig“. Die Lager befinden sich in der Nähe des serbischkroatischen Grenzübergangs Tovarnik-Sid. Obwohl nicht mehr viele Flüchtlinge dort sind, würde es laut Hageneder innerhalb des Zeltlagers in Opatovac „lange dauern, bis alle Flüchtlinge versorgt sind“. Für die Versorgung zuständig sind das Rote Kreuz und kroatische Behörden. Der SOS-Konvoi darf die Zeltstadt nicht betreten und verteilt deshalb vor dem Eingang Hygieneartikel, Kleidung und warmes Essen.
Die Stimmung sei trotz allem entspannt: „Die Flüchtlinge sind erschöpft, aber auch froh und dankbar, dass ihnen jemand hilft.“Am Vortag sei die Situation noch eine andere gewesen. Das Lager war überfüllt, es kam zu Tu- multen, bei denen sich einige Flüchtlinge verletzten. Während der Zustrom aus Serbien nun nachlässt, lichten sich auch die Lager: „Die Flüchtlinge werden in Bussen Richtung Ungarn oder Slowenien gebracht. Deshalb werden die Erstaufnahmezentren immer leerer.“
Einreisestopps
Dennoch droht die Situation auf politischer Ebene zu eskalieren. Innerhalb einer Woche waren mehr als 50.000 Flüchtlinge eingereist. Kroatien ließ deshalb seit Montag keine Lastkraftwagen mehr über die serbisch-kroatische Grenze. Daraus resultierten kilometerlange Lastwagenstaus an Grenzübergängen wie Horgos und Batrovci. Über diese Grenzübergänge werden täglich Waren im Wert von 21 Millionen Euro transportiert. Als „Handelskrieg“und „wirtschaftliche Aggression“, beschrieb Serbien das Vorgehen und stellte ein Ultimatum: Kroatien habe mit Konsequenzen zu rechnen, falls es Transporter bis Mittwoch um Mitternacht nicht wieder über die Grenze lasse. Das Ultimatum wurde nicht eingehalten und Serbien verhängte einen Einreisestopp für kroatische Lastwagen. „Diese Maßnahmen sind wirklich albern“, meinte der kroatische Ministerpräsident Zoran Milanovic. Darauf hin verbot Kroatien Fahrzeugen, die ein serbisches Kennzeichen haben, die Einreise. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß dürfen serbische Bürger die Grenze aber immer noch übertreten, Flüchtlinge ebenso.
Alter Konflikt
Serbien gegen Kroatien: eine alte Feindschaft. Sie eskalierte in den frühen 90ern, im Jugoslawienkrieg. Auf den neuesten Einreisestopp wird Serbien „nicht antworten“, stellte Regierungschef Aleksandar Vucic klar und verglich Kroatiens Vorgehen mit „Maßnahmen zur Zeit des faschistischen Staates Kroatien“. Der gegenseitige Warenboykott werde Serbien mehr schaden als Kroatien, entgegnete Milanovic.
Weil Ungarn einen viereinhalb Meter hohen Zaun an der Grenze zu Serbien errichtet hat, müssen die Flüchtlinge seit Mitte September über Kroatien ausweichen. Deshalb hat Ungarn angekündigt, einen 41 Kilometer langer Zaun an der Grenze zu Kroatien zu errichten. Zu Slowenien wird bereits ein Zaun gebaut.