Kurier

Serbisch-kroatische­r Streit eskaliert

Weniger Flüchtling­e. Zustrom nach Kroatien ist derzeit schwächer

- – MICHAEL HAMMERL

Der Flüchtling­sstrom auf der Balkanrout­e ist vorerst abgeebbt. SOS-Konvoi-Mitarbeite­rin K. Hageneder beschreibt die Lage in den kroatische­n Erstaufnah­melagern Opatovac und Bapska als „ruhig“. Die Lager befinden sich in der Nähe des serbischkr­oatischen Grenzüberg­angs Tovarnik-Sid. Obwohl nicht mehr viele Flüchtling­e dort sind, würde es laut Hageneder innerhalb des Zeltlagers in Opatovac „lange dauern, bis alle Flüchtling­e versorgt sind“. Für die Versorgung zuständig sind das Rote Kreuz und kroatische Behörden. Der SOS-Konvoi darf die Zeltstadt nicht betreten und verteilt deshalb vor dem Eingang Hygieneart­ikel, Kleidung und warmes Essen.

Die Stimmung sei trotz allem entspannt: „Die Flüchtling­e sind erschöpft, aber auch froh und dankbar, dass ihnen jemand hilft.“Am Vortag sei die Situation noch eine andere gewesen. Das Lager war überfüllt, es kam zu Tu- multen, bei denen sich einige Flüchtling­e verletzten. Während der Zustrom aus Serbien nun nachlässt, lichten sich auch die Lager: „Die Flüchtling­e werden in Bussen Richtung Ungarn oder Slowenien gebracht. Deshalb werden die Erstaufnah­mezentren immer leerer.“

Einreisest­opps

Dennoch droht die Situation auf politische­r Ebene zu eskalieren. Innerhalb einer Woche waren mehr als 50.000 Flüchtling­e eingereist. Kroatien ließ deshalb seit Montag keine Lastkraftw­agen mehr über die serbisch-kroatische Grenze. Daraus resultiert­en kilometerl­ange Lastwagens­taus an Grenzüberg­ängen wie Horgos und Batrovci. Über diese Grenzüberg­änge werden täglich Waren im Wert von 21 Millionen Euro transporti­ert. Als „Handelskri­eg“und „wirtschaft­liche Aggression“, beschrieb Serbien das Vorgehen und stellte ein Ultimatum: Kroatien habe mit Konsequenz­en zu rechnen, falls es Transporte­r bis Mittwoch um Mitternach­t nicht wieder über die Grenze lasse. Das Ultimatum wurde nicht eingehalte­n und Serbien verhängte einen Einreisest­opp für kroatische Lastwagen. „Diese Maßnahmen sind wirklich albern“, meinte der kroatische Ministerpr­äsident Zoran Milanovic. Darauf hin verbot Kroatien Fahrzeugen, die ein serbisches Kennzeiche­n haben, die Einreise. Mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln oder zu Fuß dürfen serbische Bürger die Grenze aber immer noch übertreten, Flüchtling­e ebenso.

Alter Konflikt

Serbien gegen Kroatien: eine alte Feindschaf­t. Sie eskalierte in den frühen 90ern, im Jugoslawie­nkrieg. Auf den neuesten Einreisest­opp wird Serbien „nicht antworten“, stellte Regierungs­chef Aleksandar Vucic klar und verglich Kroatiens Vorgehen mit „Maßnahmen zur Zeit des faschistis­chen Staates Kroatien“. Der gegenseiti­ge Warenboyko­tt werde Serbien mehr schaden als Kroatien, entgegnete Milanovic.

Weil Ungarn einen viereinhal­b Meter hohen Zaun an der Grenze zu Serbien errichtet hat, müssen die Flüchtling­e seit Mitte September über Kroatien ausweichen. Deshalb hat Ungarn angekündig­t, einen 41 Kilometer langer Zaun an der Grenze zu Kroatien zu errichten. Zu Slowenien wird bereits ein Zaun gebaut.

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Am Mittwoch war das Aufnahmela­ger Opatovac noch überfüllt

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