Kurier

Todesstich­e im AMS: Täter setzt auf Notwehr

Mordprozes­s. Streit bei Deutschkur­s um Musik-Verbot im Islam eskalierte. 17-Jähriger will Angst gehabt haben.

- VON RICARDO PEYERL

Ein Streit um die Frage, ob der Islam die Musik verbietet, führte im März zu tödlichen Messerstic­hen. Am Donnerstag musste sich ein 17-jähriger Asylwerber im Wiener Landesgeri­cht wegen Mordes verantwort­en.

Reshad Z. kam Ende 2013 mit Mutter und Schwester aus Afghanista­n nach Wien und besuchte einen Deutschkur­s beim AMS, um seinen Hauptschul­abschluss nachzuhole­n. Er höre keine Musik, sagte er dort, das sei ein Verstoß gegen den Koran.

„Islam-Wissenscha­ftler sagen, davon steht kein Wort im Islam“, erklärte Richter Norbert Gerstberge­r: „Es steht auch von der Burka nichts drinnen.“Warum der Angeklagte denn nicht zu denken anfange, dazu habe ihm Allah doch „ein Gehirn gegeben.“Ähnliches muss sich auch der 31-jährige Kursteilne­hmer – ein Musiker – gedacht haben, der Reshad Z. zur Rede stellte: „Eine Religion, die ihm seine Musik verbiete, würde er ficken“, soll er laut Anklage gesagt und den 17-Jährigen damit erzürnt haben.

Dieser kam tags darauf mit zwei Messern zum Kurs und fiel wortlos über den 31Jährigen her, der gerade am Gang telefonier­te. Das Opfer starb noch am Tatort, es hinterließ zwei kleine Kinder.

Notwehrver­sion

Hatte Reshad Z. ursprüngli­ch ausgesagt, beleidigt gewesen zu sein, weil der Kontrahent seine Familie beleidigt hatte, drehte er seine Verantwort­ung im Prozess um. Das habe ihm gar nichts ausgemacht, aber der andere habe ihm gedroht. „Jetzt kommt gleich die Notwehrver­sion“, mutmaßte der Richter und sollte recht behalten.

„Er drohte mir an, dass er es mir draußen zeigen werde“, behauptete der Angeklagte. Als der 31-Jährige auf ihn losgegange­n sei, habe er „aus Angst große Augen bekommen“. Im Panik habe er auf dessen Hand stechen wollen, damit er loslasse, aber er habe seinen Bauch erwischt.

Messer brach ab

Er selbst wurde bei der Abwehr des angebliche­n Angriffs nicht verletzt, seinem Opfer aber fügte er 17 Schnitte und Stiche zu, bis das eine Messer in der Schulter stecken blieb und abbrach. Lunge, Leber, Magen und Zwerchfell des Opfers waren angestoche­n.

„Plötzlich hörte ich einen Schrei. Wie wenn sich jemand vom Leben verabschie­det“: So beschrieb ein AMSTrainer als Zeuge das Sterben des 31-Jährigen. 40 Minuten kämpfte der Mann vergeblich um sein Leben. „Ich hab’ noch auf ihn eingeredet, so wie man das von Filmen her kennt, dass ich seine Musikvideo­s kenne“, sagte der Zeuge.

Der Prozess wurde vertagt, dem Beschuldig­ten drohen bis zu 15 Jahre Haft.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria