Bis zu drei Jahre im Leben sind wir erkältet
Grippaler Infekt. Pflanzen-Extrakt kann helfen
Die Nase rinnt, der Hals kratzt, der Kopf dröhnt. Mit dem Herbstbeginn startet auch die Zeit der Verkühlungen. Warum die Zahl der Erkältungskrankheiten im Herbst und Winter ansteigt, ist bisher nicht vollständig geklärt, das kalte Wetter allein ist aber nicht schuld. „Neben einem mangelnden Schutz vor der Kälte spielen vermutlich andere Faktoren eine Rolle, etwa selteneres Lüften sowie ein geschwächtes Immunsystem, z. B. durch Stress, Schlafmangel, Alkoholkonsum oder durch Vitamin-D-Mangel in der dunkleren Jahreszeit“, sagte Univ.-Prof. Norbert Nowotny an der Veterinärmedizinischen Uni Wien, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Er befasst sich als Virologe mit Infekten bei Tieren und Menschen.
Ein Erwachsener ist im Schnitt zwei bis vier Mal jährlich erkältet. Im Lauf des Lebens sind das circa 200 Erkrankungen. „Jede Erkältung dauert für gewöhnlich fünf bis sechs Tage. Wenn man das umlegt, sind wir etwa zwei bis drei Jahre unseres Lebens verkühlt“, meint Univ.-Prof. Rudolf Bauer, Leiter des Instituts für Pharmazeutische Wissenschaften an der KarlFranzens-Universität Graz. Bei Kindern ist die Zahl etwas höher – sie erkälten sich im Schnitt sechs bis zehn Mal jährlich.
Die echte Grippe, also eine Infektion mit Influenza A- oder Influenza-B-Viren, ist seltener. Im Lauf eines Lebens erkranken wir im Schnitt drei bis vier Mal. „Während grippale Infekte in der Regel relativ mild verlaufen, sind die Betroffenen einer Influenza ein bis zwei Wochen mittelschwer bis schwer krank“, so Nowotny. Es kommt zu starken Kopfschmerzen, hohem Fieber, Muskel- und Gelenksschmerzen, Schweißausbrüchen, Schüttelfrost und Husten.
Viren als Auslöser
80 Prozent der harmloseren grippalen Infekte werden von Viren verursacht. Antibiotika, wie sie von oft verlangt werden, haben bei diesen Erkrankungen kei- nen Sinn, sondern erhöhen das Risiko von Antibiotikaresistenzen. Um das Immunsystem gegen virale Infektionskrankheiten zu wappnen, rücken immer mehr pflanzliche Wirkstoffe in das Interesse von Medizinern und Pharmaindustrie. „Arzneipflanzen-Extrakte gegen virale Infekte können auf zwei Arten wirken: direkt, indem Viren unmittelbar abgetötet oder zumindest in ihrer Vermehrung gehemmt werden, oder indirekt, indem das Immunsystem angeregt wird“, sagt Bauer, der Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Phytotherapie
ist.
Echinacea
Eine Pflanze, die mehrfach untersucht wurde, ist der Purpur-Sonnenhut, auch Echinacea purpurea. Seine Inhaltsstoffe können das Immunsystem aktivieren und entzündungshemmend wirken. Einige – aber nicht alle – Studien zeigen, dass Echinacea Erkältungen verkürzen kann, wenn sie bei den ersten Anzeichen eingenom men wird. Die Präparate, die es in Tabletten- und Tropfenform gibt, können auch zur Prävention eingesetzt werden.
Der Sonnenhut stammt aus Nordamerika, wo indianische Völker Wurzel und Kraut zur Wundheilung, bei fieberhaften Erkrankungen, Insektenstichen und Schlangenbissen einsetzten. In Europa wird die Pflanze seit etwa 70 Jahren verwendet. Andere pflanzliche Arzneimittel gegen virale Infekte sind die KaplandPelargonie, eine alte Heilpflanze aus Südafrika, die traditionell bei Lungenerkrankungen genutzt wird, sowie Zistrosen, die im gesamten Mittelmeerraum vorkommen. Für die Kapland-Pelargonie belegen einige Studien eine positive Wirkung bei Atemwegserkrankungen, bei Zistrosen sind die bisher publizierten Studien umstritten. Pflanzliche Arzneimittel seien aber bei viralen Infekten eine gute Option, um das Immunsystem zu stärken, sind sich die Experten einig.