Liebscher las Hypo-Berichte nicht
Ex-OeNB-Chef sagte im U-Ausschuss, er sei „nicht auf dem Verteiler“gestanden
Der grüne Abgeordnete Werner Kogler hebt ausschweifend zu einer Frage an. „Herr Dr. Liebscher, es gab 2001 einen Hypo-Bericht der OeNB, 2004 einen, 2005, 2006 und 2007 wieder ... ich nehme an, dass Sie sich interessiert haben und sie alle gelesen haben...“
„Sicher nicht“, unterbricht Klaus Liebscher. „Es war nicht vorgesehen, dass ich diese Berichte lese“, bescheidet der ehemalige Gouverneur der Nationalbank dem erstaunten Publikum.
„Aber nach Auffliegen der Swap-Affäre, als die mutmaßliche Bilanzfälschung ruchbar wurde – diesen sehr kritischen Bericht der OeNB haben Sie auch nicht gelesen?“, fragt Kogler und lässt Liebscher, der im Zeugenstand sitzt, eine Kopie des Originals zukommen. Liebscher schaut es an: „ Ich sehe diesen Bericht zum ersten Mal. Ich stehe da nicht auf dem Verteiler.“
Kogler: „Aber Sie hätten sich ja dafür interessieren können?“
Liebscher: „Es interessiert einen Vieles im Leben. Aber ich wusste ja nicht, dass es diesen Bericht gab.“
Kogler: „Unglaublich.“
Liebscher ungerührt
Im Laufe der Jahre hatten die Nationalbankprüfer immer wieder die internen Mängel bei der Hypo aufgezeigt, vor allem auch das katastrophale Risikomanagement bei Veranlagungen und Kreditvergabe. In dem speziellen Bericht aus 2007 hielten die Prüfer der Hypo zudem gezählte neun Verstöße gegen das Bankwesengesetz vor.
Aber das ficht den ExOeNB-Boss nicht an. Denn
die Nationalbank, befindet er, habe ohnehin nur Mängel feststellen können. Veranlassungen zu treffen, wäre die Aufgabe der Finanzmarktaufsicht gewesen.
Aber er sei ja selbst stellvertretender Aufsichtsratspräsident der Finanzmarktaufsicht gewesen, halten ihm die Abgeordneten entgegen.
Liebscher bleibt ungerührt. Nach den Buchstaben des Gesetzes wurde alles erfüllt, und damals hätte die Gesetzeslage eben nicht mehr hergegeben.
Und als die Nationalbank der Hypo das umstrittene Gütesiegel „not distressed“verpasste, das Voraussetzung dafür war, dass die Hypo Staatsgeld bekam, war Liebscher bereits in Pension. „Vier Monate, nicht zwei“, korrigiert er einen Abgeordneten wie aus der Pistole geschossen.
Passivität
Dienst nach Vorschrift, und wenn es heikel wird, nicht zuständig sein – diese aufreizende Passivität zieht sich wie ein roter Faden durch die Haltung vieler Behördenverantwortlicher in der Causa Hypo (das einzige Mal, als die Aufsicht reagierte, wurden deren Chefs von der Politik sofort mit Rauswurf bedroht).
Mit den Folgen der Versäumnisse darf sich jetzt der Steuerzahler herumschlagen. Gestern gab eine Gläubigergruppe im Format bekannt, dass sie zwar über eine einvernehmliche Lösung mit Kärnten verhandeln will, aber gleichzeitig mit Klage droht. Sie hätten die Anleihen als „mündelsicher“angeboten bekommen und sich auf Österreich verlassen.