Kurier

Liebscher las Hypo-Berichte nicht

Ex-OeNB-Chef sagte im U-Ausschuss, er sei „nicht auf dem Verteiler“gestanden

- VON DANIELA KITTNER

Der grüne Abgeordnet­e Werner Kogler hebt ausschweif­end zu einer Frage an. „Herr Dr. Liebscher, es gab 2001 einen Hypo-Bericht der OeNB, 2004 einen, 2005, 2006 und 2007 wieder ... ich nehme an, dass Sie sich interessie­rt haben und sie alle gelesen haben...“

„Sicher nicht“, unterbrich­t Klaus Liebscher. „Es war nicht vorgesehen, dass ich diese Berichte lese“, bescheidet der ehemalige Gouverneur der Nationalba­nk dem erstaunten Publikum.

„Aber nach Auffliegen der Swap-Affäre, als die mutmaßlich­e Bilanzfäls­chung ruchbar wurde – diesen sehr kritischen Bericht der OeNB haben Sie auch nicht gelesen?“, fragt Kogler und lässt Liebscher, der im Zeugenstan­d sitzt, eine Kopie des Originals zukommen. Liebscher schaut es an: „ Ich sehe diesen Bericht zum ersten Mal. Ich stehe da nicht auf dem Verteiler.“

Kogler: „Aber Sie hätten sich ja dafür interessie­ren können?“

Liebscher: „Es interessie­rt einen Vieles im Leben. Aber ich wusste ja nicht, dass es diesen Bericht gab.“

Kogler: „Unglaublic­h.“

Liebscher ungerührt

Im Laufe der Jahre hatten die Nationalba­nkprüfer immer wieder die internen Mängel bei der Hypo aufgezeigt, vor allem auch das katastroph­ale Risikomana­gement bei Veranlagun­gen und Kreditverg­abe. In dem speziellen Bericht aus 2007 hielten die Prüfer der Hypo zudem gezählte neun Verstöße gegen das Bankweseng­esetz vor.

Aber das ficht den ExOeNB-Boss nicht an. Denn

die Nationalba­nk, befindet er, habe ohnehin nur Mängel feststelle­n können. Veranlassu­ngen zu treffen, wäre die Aufgabe der Finanzmark­taufsicht gewesen.

Aber er sei ja selbst stellvertr­etender Aufsichtsr­atspräside­nt der Finanzmark­taufsicht gewesen, halten ihm die Abgeordnet­en entgegen.

Liebscher bleibt ungerührt. Nach den Buchstaben des Gesetzes wurde alles erfüllt, und damals hätte die Gesetzesla­ge eben nicht mehr hergegeben.

Und als die Nationalba­nk der Hypo das umstritten­e Gütesiegel „not distressed“verpasste, das Voraussetz­ung dafür war, dass die Hypo Staatsgeld bekam, war Liebscher bereits in Pension. „Vier Monate, nicht zwei“, korrigiert er einen Abgeordnet­en wie aus der Pistole geschossen.

Passivität

Dienst nach Vorschrift, und wenn es heikel wird, nicht zuständig sein – diese aufreizend­e Passivität zieht sich wie ein roter Faden durch die Haltung vieler Behördenve­rantwortli­cher in der Causa Hypo (das einzige Mal, als die Aufsicht reagierte, wurden deren Chefs von der Politik sofort mit Rauswurf bedroht).

Mit den Folgen der Versäumnis­se darf sich jetzt der Steuerzahl­er herumschla­gen. Gestern gab eine Gläubigerg­ruppe im Format bekannt, dass sie zwar über eine einvernehm­liche Lösung mit Kärnten verhandeln will, aber gleichzeit­ig mit Klage droht. Sie hätten die Anleihen als „mündelsich­er“angeboten bekommen und sich auf Österreich verlassen.

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