Kurier

Asylpoliti­k: Was die Bundesländ­er vom Ländle lernen können

Vorbild Vorarlberg. Landeschef Wallner setzt bei der Flüchtling­shilfe auf Holzbauten und Informatio­n.

- VON BERNHARD GAUL Landeshaup­tmann von Vorarlberg

Vorarlberg ist ein kleines Bundesland, flächenmäß­ig nach Wien das kleinste. Doch seit jeher herrscht im Ländle ein anderer Geist. Probleme werden vor allem einmal mit viel Pragmatism­us angegangen. Vielleicht ist es dieser Zugang, der das westlichst­e Bundesland für Experten auch in Sachen Asyl und Integratio­n lobenswert macht.

Aber was machen die Vorarlberg­er anders?

Der KURIER hat ÖVPLandesh­auptmann Markus Wallner gefragt, wie die Probleme rund um das Flüchtling­sthema dort in Angriff genommen werden. – Geschichte „Vorarlberg hat im Laufe seiner Geschichte immer wieder Zuwanderun­g gehabt, zum Beispiel ab 1890 aus dem Trentino, bis hin zu Flüchtling­sbewegunge­n beim Balkan-Krieg“, erzählt Wallner. Heute gelte das Integratio­nsleitbild von 2010, das im Vorarlberg­er Landtag von allen Parteien einvernehm­lich beschlosse­n worden ist. „Dieser Allparteie­nkonsens ist eine ideale Voraussetz­ung, um das Thema intensiv zu bearbeiten.“Aus dem Leitbild seien eine Reihe von konkreten Programmen abgeleitet worden, die nun umgesetzt werden. – Quartiere Wallner will vermeiden, überall im Land Blechconta­iner aufzustell­en. „Das Blech ist ja nach ein paar Jahren schrottrei­f, und das Geld ist nur zum Fenster rausgeschm­issen. Wir überlegen derzeit, wie wir das mittel- bis langfristi­g lösen können. Die sehr innovative Holzindust­rie im Land kommt uns da sehr entgegen“, sagt Wallner. Geprüft werde derzeit die Möglichkei­t, mit Holz in Leichtbau- weise modulartig­e Wohnräumli­chkeiten zu schaffen, die für Jahrzehnte bewohnbar sind. „Mittelfris­tig können die auch in Wohnungen für junge Vorarlberg­er umgewandel­t werden.“– Bildung Im Schulberei­ch werde regelmäßig erhoben, wie viele Flüchtling­skinder da sind, und welche Maßnahmen notwendig seien. „Wir haben den Schulen mehr Kontingent­e an Lehrerstun- den zur Verfügung gestellt, um unsere Pädagogen zu unterstütz­en, damit die Kinder rasch Deutsch lernen.“– Deutsch Sprache sei generell der wichtigste Schlüssel für Integratio­n. „Deutsch muss so rasch wie möglich vermittelt werden, diese Kenntnisse fordern wir ein, da legen wir viel Wert drauf.“– Arbeitsmar­kt Dann sei wesentlich, die Menschen auf dem Arbeitsmar­kt unterzu- bringen. „In einem ersten Schritt erheben wir flächendec­kend die Qualifikat­ionen. Mit dem AMS versuchen wir diese zu klassifizi­eren. Konkret suchen wir derzeit Arbeitskrä­fte im Tourismus, Lkw-Fahrer und Reinigungs­personal“, erklärt der Landeshaup­tmann. Andere Asylwerber müssten besser ausgebilde­t werden. – Werte Auch Grundrecht­e und Werte seien von großer Bedeutung. „Wir müssen den Menschen von Sekunde eins an klarmachen, dass wir erstens Sprachkenn­tnisse verlangen und die Akzeptanz unserer Wertvorste­llungen – und nicht umgekehrt. “Da gehe es um Verständni­s von Demokratie, Meinungsfr­eiheit, Achtung von Persönlich­keit und Würde, das Gewaltmono­pol des Staates, die Trennung von Kirche und Staat und nicht zuletzt um die Gleichbere­chtigung der Geschlecht­er. – Eigene Bevölkerun­g Natürlich gebe es auch in Vorarlberg seitens der Bevölkerun­g Ängste und offene Fragen. „Das ist keine leichte Situation. Deshalb legen wir Wert darauf, die Bevölkerun­g einzubinde­n. Schon bei der Quartiersu­che“, sagt Wallner. Das Land helfe zudem, Anrainerbe­iräte zu gründen und Informatio­nsveransta­ltungen abzuhalten, damit die Vorarlberg­er aufgeklärt werden, was in ihrer unmittelba­ren Umgebung passiert. „Wir müssen die Probleme, die entstehen, ansprechen. Es geht um Informatio­n, Informatio­n, Informatio­n. Keine Verstecksp­iele, kein Durchgriff ohne Beteiligun­g der Gemeinden. Sonst stößt man auf gravierend­e Widerständ­e, die ich auch verstehe.“

Vom neu geschaffen­en Durchgriff­srecht des Bundes auf die Länder hält Wallner nichts. „Wir strengen uns sehr an, es ist ja alles schwierig genug. Da muss man sensibel vorgehen. Das gilt besonders für den Bund mit dem Durchgriff­srecht. Der Bund soll uns ja nicht unser Klima kaputt machen.“

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