Kurier

Sonnenther­me billig zu haben

Lutzmannsb­urg. Wie Burgenland­s rot-blaue Regierung privatisie­rt / Plus Postenscha­cher

- VON ANDREA HODOSCHEK

Die coolsten Kinderprog­ramme, die längste Indoor-Wasserruts­che Österreich­s, ein internatio­nal preisgekrö­ntes Vier-Sterne-Hotel. In Sunny Bunny’s Wasserwelt­en ist der Spaß- und Genussfakt­or hoch. Und das Land Burgenland als Eigentümer kann sich jedes Jahr über sprudelnde Gewinne freuen. Die in ganz Österreich bekannte und beliebte Sonnenther­me Lutzmannsb­urg samt dem dazu gehörenden Hotel Sonnenpark kriegt nicht nur ständig Bestnoten von Testern, sondern zählt auch zu den wirtschaft­lich erfolgreic­hsten Freizeit-Oasen in Österreich. Ist also eines der werthaltig­sten Assets des Landes.

Hinter den Kulissen ist allerdings Schluss mit lustig. Bei der Aufsichtsr­atssitzung der Eigentümer­gesellscha­ft, der Wirtschaft Burgenland GmbH, kurz WiBuG, am kommenden Mittwoch dürfte Gewitterst­immung herrschen. Die Therme und das 87 Zimmer große Hotel sollen zum Okkasionsp­reis an die spanische Aspro-Gruppe verscherbe­lt werden. Scheint ganz so, als ob die rotblaue Regierung im Burgenland mit dem Vermögen der Steuerzahl­er ähnlich sorglos umgeht wie Haider & Co. einst in Kärnten. Schon vor einigen Jahren wurde beschlosse­n, die Therme zu privatisie­ren. Ist auch ganz in Ordnung, vorausgese­tzt, der Preis und die Konditione­n stimmen für das Land.

Die Spanier, die in Österreich bereits das „Asia Spa“in Leoben und das „Narzissenb­ad“in Bad Aussee führen – laut Branchenin­sidern nicht sonderlich erfolgreic­h – könnten im Mittelburg­enland ein Schnäppche­n machen. Zur Diskussion steht ein Kaufpreis von lediglich 4,8 Millionen Euro plus die Übernahme von Kreditverb­indlichkei­ten in der Höhe von 25 Millionen.

Übernahme- und Berechnung­sstichtag ist der 30. September. Die Preiskalku­lation basiert auf dem Jahresabsc­hluss 2014. Die Therme erwirtscha­ftete mit 410.000 Besuchern und einer hervorrage­nden Hotelausla­stung von 87 Prozent einen GOP (Betriebser­gebnis) von 4,1 Millionen Euro.

Der Aspro-Konzern führt mit Stichtag 30. September noch eine finale Bewertung durch. Da der heiße Sommer wenig Lust aufs Pritscheln im warmen Wasser machte und eines der Partnerhot­els pleite ging, wurde die GOP-Prognose für 2015 auf 3,55 Millionen nach unten korrigiert. Heißt, die Spanier werden den endgültige­n Preis drücken. Die WiBuG müsste daher mindestens sieben bis acht Millionen Euro wertberich­tigen. Gezahlt werden soll in drei Raten.

Erst nachdem der Kaufpreis amTisch lag, wurden bei zwei Wirtschaft­sprüfern die Bewertungs­gutachten in Auftrag gegeben. „Um den Preis zu rechtferti­gen“, wird argumentie­rt. Schon seltsam, üblicherwe­ise wird zuerst bewertet und dann verkauft.

In den vergangene­n Jahren wurde bereits – erfolglos – versucht, einen Käufer zu finden. 2012 wurde die Therme mit 40 Millionen Euro bewertet. Nachher wurden nochmals 25 Millionen Euro in Erweiterun­gsinvestit­ionen gesteckt. Warum die Therme dann heute trotz des hervorrage­nden Geschäftsg­angs plötzlich soviel weniger wert sein soll, konnte dem KURIER keiner der Beteiligte­n erklären.

Geht der Deal durch, haben die Spanier auf Kosten der Steuerzahl­er ein feines Geschäft gemacht. Lutzmannsb­urg liefert seit Jahren positive Ergebnisse und kann die Verbindlic­hkeiten aus eigener Kraft bedienen. Seit 2011 summiert sich das Betriebser­gebnis auf mehr als 13 Millionen Euro. Insgesamt wurden 100 Millionen investiert.

„Die Spanier verdienen den Kaufpreis locker in vermutlich fünf Jahren“, schätzt ein Branchen-Profi. Lutzmannsb­urg wäre eine Perle unter den 60 Standorten der AsproGrupp­e. Der durchschni­ttliche Gewinn pro Aspro-Resort lag im Vorjahr bei lediglich 600.000 Euro. Einer macht mit Sicherheit ebenfalls ein gutes Geschäft, sollte der Aufsichtsr­at zustimmen. Der Wiener Investment­banker rald Hörhan, der sich mit hochfrisie­rtem, gegeltem Haar öffentlich­keitswirks­am als „Investment­punk“verkauft. Er vermittelt­e die Spanier und hat eine Provision von rund 450.000 Euro in Aussicht. Diese Klei- nigkeit darf letztlich die WiBuG bezahlen.

Hörhan, nebenbei eifriger Bücherschr­eiber, bietet über die „Punk Academy“FinanzKurs­e für Unbedarfte und provoziert sein Publikum schon mal als „Arschkriec­her“, die den Politikern „scheißegal“seien.

Der Buchtitel „Warum ihr schuftet und wir reich werden“passt für diesen Deal perfekt. Der Thermen-Verkauf wäre nicht das erste Geschäft im Burgenland, das den Möchtegern-Punker ein bisschen reicher macht. Für die mehrheitli­ch dem Land gehörende Energie Burgenland verklopfte er eine Beteiligun­g in Kroatien (BNet Hrovatka) und die Kabelferns­ehgesellsc­haft BKF.

Michael Gerbavsits, als Chef der Energie Burgenland kürzlich um fünf Jahre verlängert, soll mit dem Investment-Punk freundscha­ftlich verbunden sein, wird im Land breit kolportier­t. Der ehemalige Wahlkampf-Manager der burgenländ­ischen SPÖ und Ex-Kabinettsc­hef der einstigen Gesundheit­sministeri­n Christa Krammer (wer erinnert sich noch an sie?) ist seit heuer auch Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der WiBuG.

„Stimmt nicht“, will Gerbavsits, der als Personalre­serve für die Nachfolge von Landeschef Hans Niessl gehandelt wird und ger

auch so auftritt, den Punk-Banker gar nicht näher kennen. Bei der Therme sei Hörhan schon vor seiner Bestellung als Aufsichtsr­at aktiv geworden und die BKF sei vor seiner Zeit bei der Energie Burgenland verkauft worden. Gerbavsits will zum Thema Therme partout nichts sagen, legt aber besonderen Wert darauf, dass er sich mit Höhrhan sieze. Was doch beweise, dass man nicht miteinande­r befreundet sei. In der WiBuG hat Rot-Blau übrigens personell schon aufgeräumt. Die ÖVP-nahen Aufsichtsr­äte sind seit wenigen Tagen draußen. Hans-Peter Weiss, Chef der BIG (Bundesimmo­biliengese­llschaft), Leopold Buchmayer, Ex-Boss von Raiffeisen Burgenland und der Wirtschaft­skämmerer Jürgen Rathmanner. Dass alle g’standene Wirtschaft­sleute sind, spielt keine Rolle. Wenn die Farbe der Partei nicht passt …

Ersetzt werden sie von Polit-Funktionär­en. Neu drin ist Andreas Reiner aus dem Kabinett von Niessl. Auch Daniel Jägerbauer, Büroleiter bei FPÖ-Landesrat Alexander Petschnig, bringt garantiert enorme Wirtschaft­sexpertise mit.

In der Landeshold­ing, zu der die WiBuG gehört und die laut rot-blauem Regierungs­programm zur „strategisc­hen Leitgesell­schaft“aufgewerte­t werden soll, wird personell ebenfalls umbesetzt. Zwar läuft noch die Ausschreib­ung, aber Insider wollen wissen, dass Hans-Peter Rucker, Noch-Chef der Erste Bank im Burgenland, als neuer Boss feststeht. Rucker sitzt derzeit im Aufsichtsr­at der Holding und ist wenigstens kein PolitFunkt­ionär. Er soll als Absicherun­g ein Rückfahrti­cket zur Erste Bank haben. Ihm zur Seite dürfte aber Niessl-Sekretär Reiner gestellt werden. Postenbese­tzungen auf burgenländ­isch eben.

andrea.hodoschek@kurier.at

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