Spanien zeigt die Gelbe Karte Sport & Politik.
Wird Katalonien unabhängig, droht dem Clásico zwischen Real Madrid und Barcelona das Ende
Der katalanische Nationalfeiertag war ein farbenfrohes Fahnenmeer und endete in einem politischen Gerangel um Zahlen. 1,4 Millionen Teilnehmer schätzte die Stadtpolizei von Barcelona. Die Veranstalter sprachen gar von mindestens zwei Millionen. Und die Vertretung der spanischen Zentralregierung teilte mit: 520.000 bis 550.000.
Die Macht der Bilder war an diesem Freitagnachmittag am 11. September aber gewaltig. Auf der riesigen Avenida Meridiana drängten sich auf mehr als fünf Kilometern die Demonstranten. „I – Inde – Independència“wurde skandiert. Unabhängigkeit.
Die Organisatoren, das Bündnis „Ara és l’hora“(„Es ist an der Zeit“), schickten einen großen gelben Zeiger auf den Weg durch die Massen – um 17.14 Uhr. Am Nationalfeiertag, der Diada, feiern die Katalanen keinen Triumph. Sie erinnern an eine Niederlage: Am 11. September 1714 eroberte Felipe V., König von Spanien, die Stadt und unterwarf die Katalanen.
7,6 Millionen Katalanen
Bei den am 27. September anstehenden Regionalwahlen haben separatistische Parteien, die für den Fall eines Sieges innerhalb von 18 Monaten die Abspaltung von Spanien durchziehen wollen, durchaus Chancen auf eine absolute Mehrheit.
Viele der 7,6 Millionen Menschen, die heute in Katalonien leben, kamen ursprünglich aus anderen Teilen Spaniens, nur 20 Prozent aller Katalanen fühlen sich „ausschließlich katalanisch“. Seit 2010 jedoch steigt der Ärger auf Spanien, als das Autonomiestatut gekippt wurde. Und der seit 2011 regierende Konservative Rajoy verweigert jeglichen Dialog über mehr Autonomie.
Der FC Barcelona ist manifester Ausdruck des katalanischen Stolzes. Dort sprachen die Menschen trotz des Verbotes in der Franco-Dikta- tur ihre Sprache. Während jedes Heimspiels des FC Barcelona geht bei Minute 17.14 der Ruf nach Unabhängigkeit durch das Stadion.
Pep Guardiola hat schon am Donnerstag in der spanischen Botschaft in München seine Stimme abgegeben, aber sie zuvor schon erhoben. Der Ex-Barcelona-Coach kandidiert auf der Liste Junts pel Si („Zusammen für das Ja“), dem Wahlbündnis von Artur Mas, Präsident der Generalitat de Catalunya. Der ehemalige Barça-Spieler Oleguer kandidiert für die linksextremistischen Seperatisten von CUP (Candidatura d’Unitat Popular).
Ärger auf Guardiola
In Madrid zürnt man aber vor allem dem Bayern-Coach. Guardiola habe sich an einer Manipulation beteiligt, sagte der Sport-Staatssekretär, Miguel Cardenal, der Deutschen Presse-Agentur. Guardiola habe an einer Kampagne teilgenommen, bei der katalanische Sportler zum Teil „gegen deren Willen“zur Unterstützung der Separatisten gebracht worden seien. „Es handelt sich um eine riesengroße Manipulation“, sagte der Staatssekretär und Leiter der Sportbehörde CSD. Mit seiner Kritik zielt Cardenal auf die Kampagne „Guanyarem“(Wir werden gewinnen), bei der Hunderte Sportler die Schaffung eines katalanischen Olympischen Komitees und einer katalanischen Nationalmannschaft fordern.
Die Unabhängigkeit hätte aber auch enorme Auswirkungen auf den FC Barcelona. Der Präsident der spanischen Liga, Javier Tebas, twitterte letzte Woche: „Wenn Spanien sich trennt, dann tut dies auch die Liga. Hoffen wir, dass wir diese absurde Situation nie erreichen.“
Mit dieser Nachricht läutete er die Diskussion über das Ende des „Clásico“ein – das Spiel zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona ist weltweit das brisanteste Duell zweier weit entfernter Städte (500 Kilometer Luftlinie, 620 Straßenkilometer).
Madrider Giftpfeile
Sport-Staatssekretär Miguel Cardenal macht vor der Wahl weiteren sportpolitischen Wirbel: „Es wäre absurd zu glauben, dass der Klub sich dennoch im spanischen Verband einschreiben kann.“Erst Guardiola, dann der FC Barcelona. Cardenal vermutet, dass bei Kataloniens Souveränität Barças Stellung als europäischer Topklub in Gefahr wäre, weil dann die TV-Gelder der Primera División wegfallen würden. „Die sportliche Stellung der katalanischen Klubs wäre dann auf dem Niveau von Ajax, Celtic oder Lüttich“, sagte Cardenal. 150 Millionen Euro nimmt der FC Barcelona durch TV-Rechte ein.
Marca ist eine Sporttageszeitung aus Madrid und steht demVerein Real sehr nahe. Aber Mitte der Woche waren die meistgelesenen Artikel keine über Ronaldo oder Bale, sondern gleich drei über Reals Erzrivalen: über den FC Barcelona und die Auswirkungen der Unabhängigkeit in Katalonien. „Eine katalanische Liga wäre der Ruin der Vereine“, heißt es dort. Und: „Girona gegen Sabadell, bei allem Respekt, hat weltweit nicht das Interesse wie der Klassiker.“