Kurier

Zurück in die Zukunft – mit Ferngesprä­ch

Scheitern. Wirre Performanc­e zur Herbst-Eröffnung

- Links) (siehe Artikel

In vielen Science-Fiction-Filmen reist man in die Vergangenh­eit, um Probleme zu beseitigen, bevor sie manifest werden. Diese Methode möge uns als Vorbild dienen, meinte Veronica Kaup-Hasler am Freitagabe­nd in ihrer Rede zur Eröffnung des Festivals Steirische­r Herbst: Ohne die Analyse der Vergangenh­eit sei eine Bewältigun­g der Zukunft zum Scheitern verurteilt. Im Heute müssten wir entscheide­n, wohin sich Europa bewege, wie sehr wir zu teilen bereit seien. Angesichts der humanitäre­n Katastroph­en sei daher die neuerliche Lektüre der Genfer Flüchtling­skonventio­n dringend angeraten.

Das ironische Motto des letztjähri­gen Festivals – „I prefer not to share“– und der ebenso ironische Grundsatz „Keiner hilft keinem“der von Jörg Schlick mitbegründ­eten Lord-Jim-Loge

seien falsche Ansätze – und Populisten mit asozialem Denken die größte Gefahr für die Humanität.

Der Steirische Herbst jedenfalls versuche heuer unter dem Filmzitat „Back to the Future“den Blick in die Zukunft – mit Blick in die Vergangenh­eit. Beispielha­ft für diesen Ansatz nannte die Intendanti­n „Specter of the Gardenia oder Der Tag wird kommen“, eine „installati­ve Konzertper­formance“, die unmittelba­r nach der Rede in der Helmut-List-Halle von Graz uraufgefüh­rt wurde.

Kärntner Kindheit

In der Tat wirft Josef Winkler in seinem Text einen Blick zurück: In die düstere Kärntner Kindheit samt ihren vielen Toten. Schlüsse für die Zukunft lassen sich aber wohl keine ziehen: Dieses „Ferngesprä­ch mit der Unterwelt“, ergänzt um litaneienh­afte Anrufungen und Handke’sche Beschimpfu­ngen („Ihr ErdölGesel­lschaft, Ihr Aufpasser unserer Tragödie“etc.), hinterläss­t nur etwas ratlos.

Ratlos dürfte auch Regisseuri­n Sofia Simitzis gewesen sein: Statt den komplexen Text zu deuten und szenisch umzusetzen, klammert sie sich an ein paar Wörter, aus denen sie absurde Szenen und surrealist­ische Videos entwickelt. Die Skulptur „Specter of the Gardenia“des Surrealist­en Marcel Jean diente Winkler aber nur als Ausgangspu­nkt für seine Reflexione­n: Der Monolog, den Johannes Silberschn­eider wirklich bravourös meistert, ist keineswegs „surrealist­isch“. Es gibt also viele Bilder, die nichts erklären, und viel Ablenkung. Die expressive Musik von Johannes Maria Staud, vom Ensemble Modern unter Dirigent Emilio Pomàrico mit unglaublic­her Freude am Spiel umgesetzt, verkommt mitunter zur Untermalun­g. Schade.

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