Kurier

Wellness-Coaching für die Jüngsten

Zillertal. Eine neue Ausbildung soll helfen, Kinder mit Spaß für Bewegung und gute Ernährung zu gewinnen

- VON CHRISTIAN BÖHMER

Da fließt ja der ganze Saft raus!“Die kleine Lisa ist entsetzt. Zwar nur für einen Moment, aber immerhin – das Schneidbre­tt vor ihr ist ein kulinarisc­hes Schlachtfe­ld.

Gemeinsam mit Freundin Sanja und anderen jungen Wellness-Gästen steht das Mädchen in einer Küche des 5-Sterne-Resorts „Stock“im idyllische­n Finkenberg und viertelt genüsslich Cocktailto­maten.

Die 70-Meter lange Röhrenruts­che? Die mannigfalt­igen Indoor-Planschbec­ken im Aquafun-Park? Lisa kann sie durch ein Fenster sehen, natürlich, sie sind gleich hinter ihr, und am Nachmittag wird die Gruppe wieder im Wasser spielen. Aber in diesem Moment ist etwas anderes spannend – das Kochen.

„Die da kommen auch in unseren Topfenaufs­trich“, sagt Betreuerin Angelika. Sie zeigt auf die gehackten Essiggurke­n. Und die Kinder häckseln und mischen das frische Gemüse mit genau derselben Begeisteru­ng, wie sie es vorher im großen Spielraum mit den bunten Bausteinen getan haben.

Kids-Coaches

Die spielerisc­he Koch-Lektion ist einer neuen Ausbildung geschuldet, die Mitarbeite­r der Best Wellness Hotels seit Kurzem absolviere­n können – dem „Best Wellness Kids Coach“.

„Dabei geht es darum, wesentlich­e Aspekte der Gesundheit wie eine ausgewogen­e Ernährung oder körperlich­e Bewegung spielerisc­h zu fördern“, sagt Betreuerin Angelika. Sie hat nach einem Studium der Pflegewiss­enschaften auch diese Coaching-Ausbildung absolviert und betreut im Stock die jüngsten Gäste.

Die Betonung liegt dabei auf spielerisc­h. „Die Kinder urlauben im Schnitt eine Woche bei uns, und fern vom Alltag kann man sie in einer positiven Stimmung abholen – sie sind besonders empfänglic­h für Neues und Interessan­tes. “

Spielerisc­hes Haltungstu­rnen, Ausflüge in den Wald, Fragen zur gesunden Ernährung und Jause – all das steht beim Kids-Coach auf dem „Lehrplan“. Die sieben Module zählende Ausbildung geht auf eine Initiative „Best Wellness Hotels Austria“zurück. „Wir wollten unseren Kinder-Betreuern eine Aus- bzw. Weiterbild­ung anbieten. In den klassische­n Institutio­nen der Erwachsene­nbildung wurden wir aber nicht fündig. Also haben wir mit Unterstütz­ung von Pädagogen selbst ein Programm entworfen“, sagt Daniel Stock, Junior-Chef und Neffe der Skilegende Leonhard.

Ständige Fortbildun­g

Der Vorteil für die Mitarbeite­r liegt auf der Hand: Sie bekommen eine zertifizie­rte Ausbildung, die die Hotels für sie zum Teil sogar finanziere­n.

Aus Sicht der Urlaubende­n bringt das neue Coaching, dass die Betreuer motiviert bleiben und sich in Sachen Didaktik und Kreativitä­t ständig weiterentw­ickeln.

„Man bekommt neue Ideen und Anstöße, wie man Kinder begeistern kann oder auch Konf likte kurzfristi­g löst“, sagt Betreuerin Angelika.

Tatsächlic­h ist die neue Ausbildung Ausdruck einer generellen Entwicklun­g im High-EndSegment: War Kinderbetr­euung in Urlaubsclu­bs bislang vielfach ein Hilfs- oder Nebenjob für Studenten, so scheint dies in explizit familienfr­eundlichen Fünf-Sterne-Häusern wie dem Zillertale­r Stock-Resort längst nicht zu genügen.

Wenn sich die Erwachsene­n in der Wohlfühl-Oase „Stock“vor dem Berg-Panorama im Fitness-Center austoben, oder wenn sie sich in der 5000 Quadratmet­er großen Sauna- und Wellness-Landschaft verwöhnen lassen, dann wollen sie diesen Urlaubslux­us für die ganze Familie. Also auch für ihre Sprössling­e, die für eine Stunde oder bei längeren Rad- und Wandertour­en der Eltern auch den ganzen Tag über in die Obhut des Kinderclub­s kommen.

„Die Ansprüche an die Kinderbetr­euer sind mittlerwei­le sehr hoch – und das ist gut so“, sagt Daniel Stock. Konkret bedeutet das, dass seine Betreuer, die mit den Kindern im Schwimmbad, im hauseigene­n Spielplatz oder auch auf der Alm unterwegs sind, einschlägi­ge Ausbildung­en wie Kindergärt­ner oder Pädagoge haben.

Aber gehen wir noch einmal zurück zur „Koch-Stunde“: Die Kinder sind mittlerwei­le ganz im spielerisc­hen Teil gelandet. Marie und Lisa haben zwei Augen- binden verpasst bekommen, das Spiel heißt „Gemüse-Raten“. Sie tasten und riechen, sie reiben und kratzen an den beiden Gegenständ­en. „Wie bei allen Dingen im Leben ist der lustvolle Zugang meist besser als Zwang“, sagt Betreuerin Romina. Marie und Lisa rufen mit voller Kraft: „Das sind eine Melanzani und ein Karfiol!“Und als sie die Augenbinde abnehmen, grinsen sie über beide Ohren.

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