Wellness-Coaching für die Jüngsten
Zillertal. Eine neue Ausbildung soll helfen, Kinder mit Spaß für Bewegung und gute Ernährung zu gewinnen
Da fließt ja der ganze Saft raus!“Die kleine Lisa ist entsetzt. Zwar nur für einen Moment, aber immerhin – das Schneidbrett vor ihr ist ein kulinarisches Schlachtfeld.
Gemeinsam mit Freundin Sanja und anderen jungen Wellness-Gästen steht das Mädchen in einer Küche des 5-Sterne-Resorts „Stock“im idyllischen Finkenberg und viertelt genüsslich Cocktailtomaten.
Die 70-Meter lange Röhrenrutsche? Die mannigfaltigen Indoor-Planschbecken im Aquafun-Park? Lisa kann sie durch ein Fenster sehen, natürlich, sie sind gleich hinter ihr, und am Nachmittag wird die Gruppe wieder im Wasser spielen. Aber in diesem Moment ist etwas anderes spannend – das Kochen.
„Die da kommen auch in unseren Topfenaufstrich“, sagt Betreuerin Angelika. Sie zeigt auf die gehackten Essiggurken. Und die Kinder häckseln und mischen das frische Gemüse mit genau derselben Begeisterung, wie sie es vorher im großen Spielraum mit den bunten Bausteinen getan haben.
Kids-Coaches
Die spielerische Koch-Lektion ist einer neuen Ausbildung geschuldet, die Mitarbeiter der Best Wellness Hotels seit Kurzem absolvieren können – dem „Best Wellness Kids Coach“.
„Dabei geht es darum, wesentliche Aspekte der Gesundheit wie eine ausgewogene Ernährung oder körperliche Bewegung spielerisch zu fördern“, sagt Betreuerin Angelika. Sie hat nach einem Studium der Pflegewissenschaften auch diese Coaching-Ausbildung absolviert und betreut im Stock die jüngsten Gäste.
Die Betonung liegt dabei auf spielerisch. „Die Kinder urlauben im Schnitt eine Woche bei uns, und fern vom Alltag kann man sie in einer positiven Stimmung abholen – sie sind besonders empfänglich für Neues und Interessantes. “
Spielerisches Haltungsturnen, Ausflüge in den Wald, Fragen zur gesunden Ernährung und Jause – all das steht beim Kids-Coach auf dem „Lehrplan“. Die sieben Module zählende Ausbildung geht auf eine Initiative „Best Wellness Hotels Austria“zurück. „Wir wollten unseren Kinder-Betreuern eine Aus- bzw. Weiterbildung anbieten. In den klassischen Institutionen der Erwachsenenbildung wurden wir aber nicht fündig. Also haben wir mit Unterstützung von Pädagogen selbst ein Programm entworfen“, sagt Daniel Stock, Junior-Chef und Neffe der Skilegende Leonhard.
Ständige Fortbildung
Der Vorteil für die Mitarbeiter liegt auf der Hand: Sie bekommen eine zertifizierte Ausbildung, die die Hotels für sie zum Teil sogar finanzieren.
Aus Sicht der Urlaubenden bringt das neue Coaching, dass die Betreuer motiviert bleiben und sich in Sachen Didaktik und Kreativität ständig weiterentwickeln.
„Man bekommt neue Ideen und Anstöße, wie man Kinder begeistern kann oder auch Konf likte kurzfristig löst“, sagt Betreuerin Angelika.
Tatsächlich ist die neue Ausbildung Ausdruck einer generellen Entwicklung im High-EndSegment: War Kinderbetreuung in Urlaubsclubs bislang vielfach ein Hilfs- oder Nebenjob für Studenten, so scheint dies in explizit familienfreundlichen Fünf-Sterne-Häusern wie dem Zillertaler Stock-Resort längst nicht zu genügen.
Wenn sich die Erwachsenen in der Wohlfühl-Oase „Stock“vor dem Berg-Panorama im Fitness-Center austoben, oder wenn sie sich in der 5000 Quadratmeter großen Sauna- und Wellness-Landschaft verwöhnen lassen, dann wollen sie diesen Urlaubsluxus für die ganze Familie. Also auch für ihre Sprösslinge, die für eine Stunde oder bei längeren Rad- und Wandertouren der Eltern auch den ganzen Tag über in die Obhut des Kinderclubs kommen.
„Die Ansprüche an die Kinderbetreuer sind mittlerweile sehr hoch – und das ist gut so“, sagt Daniel Stock. Konkret bedeutet das, dass seine Betreuer, die mit den Kindern im Schwimmbad, im hauseigenen Spielplatz oder auch auf der Alm unterwegs sind, einschlägige Ausbildungen wie Kindergärtner oder Pädagoge haben.
Aber gehen wir noch einmal zurück zur „Koch-Stunde“: Die Kinder sind mittlerweile ganz im spielerischen Teil gelandet. Marie und Lisa haben zwei Augen- binden verpasst bekommen, das Spiel heißt „Gemüse-Raten“. Sie tasten und riechen, sie reiben und kratzen an den beiden Gegenständen. „Wie bei allen Dingen im Leben ist der lustvolle Zugang meist besser als Zwang“, sagt Betreuerin Romina. Marie und Lisa rufen mit voller Kraft: „Das sind eine Melanzani und ein Karfiol!“Und als sie die Augenbinde abnehmen, grinsen sie über beide Ohren.