Kurier

Ständig Rechenscha­ft ablegen zu müssen“

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Wien verbracht, in denen er seine Dissertati­on geschriebe­n hat. Dann hat er keinen Job gefunden, sein Visum ist ausgelaufe­n und er ist nach Indien zurückgeke­hrt – wo er Ines begegnet ist, eine Verbindung zu dem Land, in dem er so viel Zeit verbracht hat. Er hatte viele Freundscha­ften geschlosse­n, empfindet Österreich als zweite Heimat. Ines hat sich umgekehrt darüber gefreut, in Indien jemanden zu treffen, der einen Bezug zu ihrer Heimat hat. „Wir haben anfangs viel über Österreich gesprochen und wie es für ihn war, als Ausländer hier zu leben.“Nachdem die beiden sich in einander verliebt haben, ist Ines in die indische Kultur eingetauch­t. „Ich habe fast sechs Monate dort verbracht, wir sind viel durch das Land gereist und ich bin reingewach­sen.“

Dadurch, dass Harsha Österreich kannte, wusste er, welche Situatione­n für Ines schwierig waren und konnte auf sie eingehen. „Das hat mir vieles erleichter­t.“Ihre Gespräche führen die beiden auf Englisch – „man kann alles erklären, aber man kann nicht alles durch Sprache ausdrücken, es gibt viele andere Ebenen.“An ihre Grenzen kommt Ines nur, wenn sie müde oder verzweifel­t ist und keine Lust hat, sich in einer Fremdsprac­he zu erklären. „Das hat aber auch den Vorteil, dass man nicht gleich in der vollen Emotion loslegt. Es ist wichtig, dass wir in einer neutralen dritten Sprache miteinande­r sprechen – weil in der Mutterspra­che ist man immer überlegen.“

Obwohl ihr Hintergrun­d so unterschie­dlich ist, sieht Ines viele Punkte, in denen sie einander ergänzen. „Für einen Inder ist Harsha sehr individual­istisch und offen. Für eine Europäerin bin ich sehr gemeinscha­ftsorienti­ert. Wir treffen uns irgendwo in der Mitte.“

Religion ist in ihrer Beziehung nicht sehr präsent – Harsha ist Hindu, Ines ist aus der Kirche ausgetrete­n. „Wir reden über Unterschie­de und warum ich ausgetrete­n bin. In seinem Glauben gibt es Riten, bei denen ich kein Problem habe mitzumache­n. Ich habe mich damit auseinande­rgesetzt und finde es sehr interessan­t. Ich kann mitmachen, oder auch nicht.“

Viel anstrengen­der für das Paar waren die Reaktionen aus ihrem Umfeld. „Wir wurden ständig mit Fragen konfrontie­rt, wie wir uns eine gemeinsame Zukunft vorstellen. Es war sehr nervig, ständig Rechenscha­ft ablegen zu müssen. Anderersei­ts kann ich meiner Familie nicht vorwerfen, dass sie Angst hatte, dass ich auswandere.“

Darauf wollen sich weder Ines noch Harsha festlegen – derzeit führen sie eine Fernbezieh­ung und besuchen sich regelmäßig. „Wir werden sehen, wir können nichts fix sagen.“

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