„Wir sind zwei Kulturen in einem fremden Land“
Sawis und Djoe. Liebe ohne Schubladen-Denken
Ihrem Vater hat Sawis erst nach einem Jahr von ihrer Beziehung zu Djoe erzählt. „Ich habe ihm zuerst gesagt, was er studiert, dass er fünf Sprachen spricht, nicht raucht, nicht trinkt, viel Sport macht und erst ganz am Schluss habe ich gesagt, dass er schwarz ist.“Ihr war wichtig, dass ihr Vater ihren Freund dafür schätzt, wer er ist und ihn nicht nach seiner Hautfarbe beurteilt – dementsprechend erleichtert war sie über seine Reaktion: „So lange er dich nicht in deinem Studium beeinträchtigt, ist es mir egal, welche Hautfarbe er hat.“
Sawis und Djoe ergeben zusammen einen Mix aus aller Welt: Sie ist ursprünglich Iranerin, aber in Wien geboren und aufgewachsen. Djoe ist ursprünglich Afrikaner, aber in Schweden geboren, in Lissabon aufgewachsen und im Alter von elf Jahren nach Wien übersiedelt. Sie fühlt sich in Wien zuhause, ist mitunter aber auch mit Situationen konfrontiert, in denen sie sich nicht als Wienerin fühlt. Für Djoe ist Zuhause sein „nirgendwo und überall“.
Um sich hier in Österreich wohlzufühlen, war es für ihn wichtig, sich mit der Kultur auseinanderzusetzen und sich darauf einzulassen – so konnte er auch die Familie von Sawis von sich überzeugen. „Meine Mama war am Anfang sehr skeptisch und konnte nicht viel mit ihm anfangen“, erzählt Sawis. Doch Djoe fing an, ein paar Wörter Persisch zu lernen, war immer besonders herzlich und hilfsbereit. „Das hat ihr imponiert.“
Blicke auf der Straße
Inzwischen sind die beiden seit zehn Jahren ein Paar und Djoe gehört zur Familie. „Wenn wir auf der Straße gehen, merken wir immer wieder, dass wir angesehen werden, aber unsere Familie und Freunde geben uns nie das Gefühl, dass uns irgendwas unangenehm sein sollte.“
Österreich, Portugal, Iran – Kulturunterschiede gibt es wohl, aber „unsere Kulturen sind sich vom Umgang her ähnlich, wir schätzen Menschen mit einer guten Kinderstube“. Größere Unterschiede gibt es da bei den Traditionen – so hat sich Djoe über die Jahre mit dem persischen Neujahrsfest vertraut gemacht. „Es ist wichtig, sich auf die Kultur des anderen einzulassen. Ich bin sehr neugierig und will das wirklich kennenlernen.“
Religion
Harmonie trotz großer Unterschiede gibt es auch in punkto Religion: Er ist römisch-katholisch getauft und geht regelmäßig in die Kirche. Sie ist Moslem, aber nicht praktizierend. „Wir haben im Freundeskreis verschiedene Religionen – jeder soll das in seinem Rahmen ausleben, wie er will. Meine Religion lebe ich für mich und zwinge sie niemandem auf “, sagt Djoe.
Das gilt auch für ihre zukünftigen Kinder. Ihnen wollen die beiden später einmal keine Religion vorgeben. „Man gibt seine Werte weiter, aber den Glauben sollen die Kinder selbst wählen, wenn sie alt genug sind.“
Entscheidend für eine interkulturelle Beziehung ist aus ihren Augen, offen dafür zu sein, andere Menschen kennenzulernen, sich darauf einzulassen und für andere Kulturen zu interessieren, ohne sie zu bewerten oder in Schubladen zu stecken. „Wir kennen viele Paare, die sich getrennt haben, weil sie dem Druck aus dem Umfeld nicht standhalten konnten.“
Sawis und Djoe klären vieles durch lange Gespräche. „Das Um und Auf ist miteinander zu reden und nichts unter den Tisch zu kehren. Eine Beziehung ist viel Arbeit und dazu muss man auch bereit sein.“Ratschläge, die eigentlich für jede Beziehung gelten, oder?