Kurier

Putin und Obama suchen Syrien-Strategie

Treffen in New York. Staatschef­s von Russland und den USA wollen „Islamische­n Staat“bekämpfen, aber wie, ist strittig

- – ELKE WINDISCH, MOSKAU

Im Gegensatz zur üblichen Diskretion aus Sicherheit­sgründen, verkündete der Kreml alle Details von Wladimir Putins Reise zur UN-Vollversam­mlung am Montag mit militärisc­her Präzision. Demzufolge trifft der Kremlchef erst ganz zum Schluss – in Europa ist es dann schon tiefe Nacht – mit US-Präsident Barack Obama zusammen. Laut Plan haben beide eine knappe Stunde, um die Welt zu retten – dabei liegt ihre letzte, f lüchtige Begegnung über ein Jahr zurück.

Das bilaterale Verhältnis hatte sich lange vor UkraineKri­se, mit der eine Eiszeit anbrach, abgekühlt. Moskau sieht sich durch US-Pläne, Teile der globalen Raketen- abwehr direkt an Russlands Grenzen zu stationier­en, bedroht. Der Kreml lastet Washington auch die Schuld für die politische­n Verwerfung­en in Nordafrika und im Nahen Osten an und fürchtet, die USA würden auch Revolution­en im postsowjet­ischen Raum planen. Dennoch sei Russland zur „Erörterung eines breiten Spektrums von Problemen“bereit, sagte Putin-Berater Juri Uschakow.

Moskaus Bedingunge­n

Doch Obama, glauben russische Beobachter, werde versuchen, Putin für eine internatio­nale Koalition gegen das Terrornetz­werk „Islamische­r Staat“(IS) zu gewinnen. Moskau, so ein hochran- giger Diplomat, sei „unter bestimmten Bedingunge­n“dazu bereit. Explizit nannte er ein Mandat des UN-Sicherheit­srats für Anwendung militärisc­her Gewalt gegen IS. Zuvor hatte Außenminis­ter Lawrow jedoch gefordert, Truppen von Präsident Assad wie auch der syrischen Opposition in die Anti-Terror-Koalition zu integriere­n.

So sieht es auch ein von Moskau und Teheran erarbeitet­er Krisenplan vor. Beide halten Assad für das wichtigste Bollwerk gegen den IS und werfen dem Westen vor, er habe mit dem Sturz anderer Diktatoren – im Irak oder in Libyen – die ganze Region destabilis­iert und dem Terrornetz­werk in den Sattel gehol- fen. Washington und viele europäisch­e NATO-Verbündete­n sehen in Assad die Wurzel allen Übels und arbeiten auf dessen Sturz hin. Aber immer mehr Staatschef­s weichen diese Position auf, zuletzt der Brite Cameron.

Exit aus Ukraine-Krise

Syrien, meint Politikwis­senschaftl­er Dmitri Oreschkin, sei für den Westen ein ungleich größeres Problem als der Ukraine-Konflikt. Moskau könnte das als Exit-Strategie nutzen und zugleich seine diplomatis­chen Bemühen in Syrien intensivie­ren. Die Staatschef­s im Nahen Osten seien zunehmend von Obama enttäuscht, schreibt die Zeitung Dadurch würden die Chancen für Moskaus Friedenspl­an steigen.

Die Positionen Russlands und der USA seien zu unterschie­dlich, Chancen für konkrete Absprachen tendierten daher gegen Null, fürchtet Alexander Baunow vom Moskauer Carnegie-Zentrum.

Scheitert Moskaus Plan einer großen Anti-Terror-Koalition mit Assad und Milizen seiner Gegner, sieht Plan B „einseitige Handlungen“vor. Ein „Koordinati­onszentrum für den Kampf gegen IS“mit Sitz in Bagdad, das Russland, Syrien, Iran und der Irak schon vereinbart haben. Laut Putin kann dort in Kürze die Planung konkreter Kampfhandl­ungen gegen IS beginnen.

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