Vollendeter Brückenschlag zwischen Tanz und Musik dank Sasha Waltz
Kritik. Mit einem Gesamtkunstwerk startete das Festspielhaus St. Pölten in die neue Saison. Zum ersten Mal konnte die Berliner Choreografin Sasha Waltz ihr Stück „Continu“mit großem Orchester aufführen.
Ein Experiment, das sich lohnt: Das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich unter der Leitung Pietari Inkinens hat großen Anteil am starken Eindruck, den „Continu“hinterlässt.
Den Anstoß zur Beschäftigung von Waltz mit Musik von Edgar Varèse gab ein Konzert der Wiener Philharmoniker unter Pierre Boulez bei den Salzburger Festspielen. Varèses „Arcana“scheint mit seiner Wucht zunächst für Tanz nicht zugänglich, doch Waltz tritt mit der Komposition durch tänzerische und räumliche Elemente in einen spannenden Dialog.
Den Anfang machen zwei Schlagzeugsoli von Iannis Xenakis, virtuos dargeboten von Robyn Schulkowsky. Dazu tanzen sechs Frauen mit Energie und Kraft, an Frauensoli Martha Grahams erinnernd und mit einem melancholischen Unterton.
Zu „Arcana“und weiteren Kompositionen Varèses folgen gemeinsam mit den Männern Bilder der Flucht, Verzweiflung, von zurückgedrängten Menschen, voll mit aktuellen Bezügen, die in ih- rer Unmittelbarkeit erschrecken. Das choreografische Material für 20 Tänzerinnen und Tänzer mit unterschiedlicher Herkunft im Alter von 20 bis 50 entstand jedoch bereits im Jahr 2009.
Auf den schwarz gehaltenen ersten Teil folgt ein zweiter. Er bringt zu Claude Viviers „Zipangu“und zum Adagio aus Mozarts Oboenquartett (stark: Solist Andreas Gschmeidler) hellere Schattierungen, getanzte Hoffnungsschimmer von gezeichneten Menschen. Am 15. und 16. 10. gastiert Waltz übrigens mit ihrem Meisterwerk „Körper“im Tanzquartier Wien.