Ein Meisterwerk kehrt ins Rampenlicht zurück
Kritik. „Der ferne Klang“an der Oper Graz
Unter der kleinen, weißen Zeltplane, ihrem Liebesnest, kauern sie auf der sonst dunklen Bühne und nehmen gleich zu Beginn voneinander Abschied. Und genau hierher kehrt Fritz am Schluss vom Leben verbittert zurück, um in den Armen seiner geliebten Grete, die durch sein Verschulden zur Kurtisane wurde, zu sterben.
Verboten
Lange galt Franz Schreker neben Richard Strauss als der erfolgreichste Komponist im deutschsprachigen Raum, bis die Nazis seine Werke als „entartet“verboten. Er geriet dadurch etwas in Vergessenheit und erlebte erst in den letzten Jahren eine Renaissance. Jetzt kehrt seine Erstlingsoper „Der ferne Klang“dorthin zurück, wo sie 1924 ihre österreichische Erstaufführung erlebte: Nach Graz, zu Beginn der Intendanz von Nora Schmid.
Raumdramaturgie und Personenführung von Regisseurin Florentine Klepper sind intensiv. Da stimmt jedes Detail ihrer vielen Ideen auch beim punktgenauen, stimmigen Licht. Obwohl sie immer wieder zwischen Realem und Surrealen changiert, erzählt sie die Geschichte klar und schlüssig. Auch setzt sie auf zeitlupenartige Bewegungen und spielt mit der Verdopplung von Grete. Häufig wird die Drehbühne (Martina Segna) mit Projektionen eingesetzt. Gespielt wird in Fantasiekostümen (Anna Sofie Tuma) aus den 30er-Jahren.
Fordernd
Sängerisch verlangt das Werk den Protagonisten viel ab: Johanni van Oostrum ist eine hoch intensive Grete, von ätherischem Pianogesang bis hin zu den glühenden Leidenschaften. Daniel Kirch singt die schwere Partie des Fritz mit allen Höhen. Sein Tenor könnte jedoch kraftvoller sein. Markus Butter in der Doppelrolle Dr. Vigelius/Graf hat eine der wenigen eingängigen Arien zu singen. Sein Bariton klingt markig. Auch das übrige Ensemble ist gut besetzt. Der Chor (Einstudierung: Bernhard Schneider) singt tadellos.
Das Grazer Philharmonische Orchester unter Chefdirigent Dirk Kaftan fabriziert einen, manchmal auch etwas üppigen, sinnlichen Klangrausch. Er taucht er den Pinsel ganz tief in den Eimer der strahlendsten Orchesterfarben. Jubel für ein Werk, das man öfter hören möchte!