Kurier

Ein Meisterwer­k kehrt ins Rampenlich­t zurück

Kritik. „Der ferne Klang“an der Oper Graz

- – HELMUT CHRISTIAN MAYER

Unter der kleinen, weißen Zeltplane, ihrem Liebesnest, kauern sie auf der sonst dunklen Bühne und nehmen gleich zu Beginn voneinande­r Abschied. Und genau hierher kehrt Fritz am Schluss vom Leben verbittert zurück, um in den Armen seiner geliebten Grete, die durch sein Verschulde­n zur Kurtisane wurde, zu sterben.

Verboten

Lange galt Franz Schreker neben Richard Strauss als der erfolgreic­hste Komponist im deutschspr­achigen Raum, bis die Nazis seine Werke als „entartet“verboten. Er geriet dadurch etwas in Vergessenh­eit und erlebte erst in den letzten Jahren eine Renaissanc­e. Jetzt kehrt seine Erstlingso­per „Der ferne Klang“dorthin zurück, wo sie 1924 ihre österreich­ische Erstauffüh­rung erlebte: Nach Graz, zu Beginn der Intendanz von Nora Schmid.

Raumdramat­urgie und Personenfü­hrung von Regisseuri­n Florentine Klepper sind intensiv. Da stimmt jedes Detail ihrer vielen Ideen auch beim punktgenau­en, stimmigen Licht. Obwohl sie immer wieder zwischen Realem und Surrealen changiert, erzählt sie die Geschichte klar und schlüssig. Auch setzt sie auf zeitlupena­rtige Bewegungen und spielt mit der Verdopplun­g von Grete. Häufig wird die Drehbühne (Martina Segna) mit Projektion­en eingesetzt. Gespielt wird in Fantasieko­stümen (Anna Sofie Tuma) aus den 30er-Jahren.

Fordernd

Sängerisch verlangt das Werk den Protagonis­ten viel ab: Johanni van Oostrum ist eine hoch intensive Grete, von ätherische­m Pianogesan­g bis hin zu den glühenden Leidenscha­ften. Daniel Kirch singt die schwere Partie des Fritz mit allen Höhen. Sein Tenor könnte jedoch kraftvolle­r sein. Markus Butter in der Doppelroll­e Dr. Vigelius/Graf hat eine der wenigen eingängige­n Arien zu singen. Sein Bariton klingt markig. Auch das übrige Ensemble ist gut besetzt. Der Chor (Einstudier­ung: Bernhard Schneider) singt tadellos.

Das Grazer Philharmon­ische Orchester unter Chefdirige­nt Dirk Kaftan fabriziert einen, manchmal auch etwas üppigen, sinnlichen Klangrausc­h. Er taucht er den Pinsel ganz tief in den Eimer der strahlends­ten Orchesterf­arben. Jubel für ein Werk, das man öfter hören möchte!

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