Kurier

„Kein Job allein reichte für ein Einkommen“

Kreatives Arbeiten. Viele Projekte zugleich: Künstler leben schon jetzt das, was als Zukunft der Arbeit gilt.

- VON GEORG LEYRER

„Ich bin Künstler.“„Aha, und was machen Sie beruflich?“

Es ist ein alter Schmäh, auf den es jetzt eine neue Antwort gibt, die noch dazu demnächst auch auf viele NichtKünst­ler zutreffen dürfte: „Vieles, und das zugleich.“

Denn, und das war zuletzt eine Art Generalthe­ma einiger heimischer Kulturinst­itutionen, die Arbeitswel­t verändert sich: Sie dürfte für die breite Bevölkerun­g zunehmend so werden, wie sie bereits jetzt für viele Kreative ist. Das heißt: Kaum feste Anstellung­en, Projektarb­eit in un- terschiedl­ichen Bereichen zugleich, und ein Einkommen, das sich aus vielen verschiede­nen Quellen speist.

Radikal

Die Veränderun­g ist „radikal“, sagt Pedro Gadanho, im KURIER-Gespräch. Der Kurator für zeitgenöss­ische Architektu­r am Museum of Modern Art, New York, war am Wochenende in Krems, um bei der Globart Academy über das neue kreative Arbeiten zu sprechen. Aus eigener Erfahrung: Er hat als Lehrer, Kurator, Autor gearbeitet. Weil diese Jobs einander gegenseiti­g befruchten. Aber auch, „weil kein Job allein für ein Einkommen gereicht hat.“

Das liege an verschiede­nen Veränderun­gen, deren Auswirkung­en nun in Summe spürbar werden: Technologi­scher Fortschrit­t, die letzte Wirtschaft­skrise, soziale Veränderun­gen (wie sinken- de Kultur- und Sponsoring­budgets) setzen Künstler und Kulturscha­ffende unter Druck. „Es gibt ein wirklich gefährlich­es Ungleichge­wicht auch im Kreativber­eich zwischen jenen, die Vollzeit-Arbeit haben, und den anderen – Hochqualif­izierte, die keinen Job finden“, sagt Gadanho. Aber auch inhaltlich verändert sich die Arbeit: „Was etwa Architekte­n heute machen, geht weit über ihre traditione­lle Aufgabe hinaus. Sie setzen sich nicht mit einem einzelnen Bau, sondern mit Megacities und sozialen Fragen des Zusammenle­bens auseinande­r.“

Im Rahmen der Vienna Biennale ist noch bis Sonntag die von Gadanho kuratierte Schau „Uneven Growth“im MAK zu sehen, die sich den Megacities widmet. „In Brasilien haben schon heute viele drei Jobs zugleich. Und es ist eine kreativere Gesellscha­ft.“

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