„Kein Job allein reichte für ein Einkommen“
Kreatives Arbeiten. Viele Projekte zugleich: Künstler leben schon jetzt das, was als Zukunft der Arbeit gilt.
„Ich bin Künstler.“„Aha, und was machen Sie beruflich?“
Es ist ein alter Schmäh, auf den es jetzt eine neue Antwort gibt, die noch dazu demnächst auch auf viele NichtKünstler zutreffen dürfte: „Vieles, und das zugleich.“
Denn, und das war zuletzt eine Art Generalthema einiger heimischer Kulturinstitutionen, die Arbeitswelt verändert sich: Sie dürfte für die breite Bevölkerung zunehmend so werden, wie sie bereits jetzt für viele Kreative ist. Das heißt: Kaum feste Anstellungen, Projektarbeit in un- terschiedlichen Bereichen zugleich, und ein Einkommen, das sich aus vielen verschiedenen Quellen speist.
Radikal
Die Veränderung ist „radikal“, sagt Pedro Gadanho, im KURIER-Gespräch. Der Kurator für zeitgenössische Architektur am Museum of Modern Art, New York, war am Wochenende in Krems, um bei der Globart Academy über das neue kreative Arbeiten zu sprechen. Aus eigener Erfahrung: Er hat als Lehrer, Kurator, Autor gearbeitet. Weil diese Jobs einander gegenseitig befruchten. Aber auch, „weil kein Job allein für ein Einkommen gereicht hat.“
Das liege an verschiedenen Veränderungen, deren Auswirkungen nun in Summe spürbar werden: Technologischer Fortschritt, die letzte Wirtschaftskrise, soziale Veränderungen (wie sinken- de Kultur- und Sponsoringbudgets) setzen Künstler und Kulturschaffende unter Druck. „Es gibt ein wirklich gefährliches Ungleichgewicht auch im Kreativbereich zwischen jenen, die Vollzeit-Arbeit haben, und den anderen – Hochqualifizierte, die keinen Job finden“, sagt Gadanho. Aber auch inhaltlich verändert sich die Arbeit: „Was etwa Architekten heute machen, geht weit über ihre traditionelle Aufgabe hinaus. Sie setzen sich nicht mit einem einzelnen Bau, sondern mit Megacities und sozialen Fragen des Zusammenlebens auseinander.“
Im Rahmen der Vienna Biennale ist noch bis Sonntag die von Gadanho kuratierte Schau „Uneven Growth“im MAK zu sehen, die sich den Megacities widmet. „In Brasilien haben schon heute viele drei Jobs zugleich. Und es ist eine kreativere Gesellschaft.“