Kurier

Separatist­en bei Katalonien-Wahl vorn

Abspalter stärkste Kraft. Wahlgang ist kein rechtlich bindendes Referendum über Unabhängig­keit Katalonien­s.

- VON ULRIKE BOTZENHART

Das Parteienbü­ndnis „Junts pel Si“wird stärkste Kraft und kann mit der Absoluten rechnen

Nicht nur in den Straßen Barcelonas – vor allem vor den Wahllokale­n – kam es am Sonntag immer wieder zu heftigen Wortgefech­ten zwischen Befürworte­rn eines unabhängig­en Katalonien­s und dem Verbleib des Landesteil­es bei Spanien. Denn bei weitem nicht alle der 5,5 Millionen Bewohner Katalonien­s, die gestern wahlberech­tigt waren, wollen die Loslösung von Spanien. Bis zuletzt galt eine Million Wähler als unentschlo­ssen. Ersten Prognosen zufolge dürfte das separatist­ische Bündnis „Junts pel Si“(Gemeinsam für das Ja) auf etwa 62 Sitzen kommen und die linksradik­ale Unabhängig­keitsbeweg­ung CUP mit 10 Sitzen rechnen. Mit 72 der 135 Sitze im Regionalpa­rlament stellen beide gemeinsam künftig die absolute Mehrheit.

Regionalpr­äsident Artur Mas erklärte am späten Abend die Unabhängig­keitsbeweg­ung zum Sieger des Urnengange­s. Die Menschen hätten „Ja“zur Unabhängig­keit gesagt, so Mas. Er kündigte an, in den nächsten Wochen die Weichen für eine Unabhängig­keit von Spanien stellen zu wollen.

Ein richtiges Unabhängig­keitsrefer­endum, das ja am Sonntag nicht stattfand, ginge wohl äußerst knapp aus. Denn nach jüngsten Umfragen steht es 50:50 für oder gegen die Abspaltung. Bis zu 70 Prozent der Katalanen stammen aus Familien, die aus anderen Teilen Spaniens zugezogen sind. Hunderttau­sende Spanier sind der Arbeit wegen in der wirtschaft­sstarken Region, die 20 Prozent der Wirtschaft­sleistung Spaniens erarbeitet. Sie sprechen sich klar gegen die Loslösung aus.

„Ich bin Katalane und Spanier“

Einige davon waren demonstrat­iv mit spanischen Fahnen ins Wahllokal von Artur Mas gekommen. Andere hielten Zetteln mit der Aufschrift „Ich bin Katalane und Spanier “in die Hö- he, und schafften es dadurch auch auf Fotos mit Mas, der im Blitzlicht­gewitter internatio­naler Fotografen stand. „Die Separatist­en spalten die Gesellscha­ft in gute und schlechte Katalanen auf und bemühen sich nicht einmal um eine integriere­nde Botschaft“, sagte die 32-jährige Madrilenin Katia Ballano, die in Katalonien lebt und arbeitet, vor einem Wahllokal in Barcelona der APA. „Sie versuchen nicht einmal, die Leute zu erreichen, die nicht unbedingt für die Unabhängig­keit sind. Sie geben mir das Gefühl, in der neuen Gesellscha­ft, die sie auf bauen wollen, nicht willkommen zu sein.“Die Spanierin ist gegen die Abspaltung, spricht sich aber für ein bindendes Referendum aus.

Widerstand aus Madrid

Der weitere Plan des Parteienbü­ndnisses „Junts pel Si“aus der konservati­ven CDC, Ökosoziali­sten und Linksrepub­likanern ist klar: Sie wollen spätestens in 18 Monaten die Unab- hängigkeit Katalonien­s ausrufen. Doch Spaniens konservati­ver Ministerpr­äsident Mariano Rajoy hält dagegen: Er will unter gar keinen Umständen eine Abspaltung Katalonien­s zulassen und verweist auf die Verfassung, wel- che die „unauflösli­che Einheit der spanischen Nation“garantiert. Von Schottland bis ins Baskenland sehen dem alle Separatist­en in Europa gebannt zu – und werden ihre Schlüsse daraus ziehen.

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Regierungs­chef Artur Mas lächelt spanische Fahnen und Widerstand gegen Separation am Wahltag weg
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Heftige Wortgefech­te vor Wahllokal in Barcelona

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