Kurier

„Genau sehen, was Türkei mit EU-Geld macht“

EU-Ombudsfrau. Der Flüchtling­s-Deal darf Standards bei Beitrittsg­esprächen nicht sinken lassen

- – PHILIPP HACKER-WALTON

Die Verhandlun­gen der EU 28 mit der Türkei über die Zusammenar­beit in Bezug auf die Flüchtling­e stelle Europa vor eine „große ethische Herausford­erung“, sagt Emily O’Reilly. Als EU-Ombudsfrau – vergleichb­ar mit den Volksanwäl­ten in Österreich – ist es ihr Job, den EUInstitut­ionen auf die Finger zu schauen. Zwei ihrer Haupttheme­n: Transparen­z in der Entscheidu­ngsfindung – und die Einhaltung von Bür- ger- und Menschenre­chten. Den Flüchtling­sdeal mit der Türkei sieht O’Reilly kritisch: Zwar müsse man anerkennen, „dass die Türkei eine große Last geschulter­t hat“.

Sie warnt aber davor, die Anforderun­gen an die Türkei in den Beitrittsg­esprächen zu senken – etwa, was das Thema Menschenre­chte anbelangt: „Die Verhandlun­gen waren bis jetzt sehr langsam. Jetzt brauchen wir die Türken, sie sollen uns mit den Flüchtling­en helfen. Diesen Deal zwischen Brüssel und der Türkei muss man sich sehr genau anschauen.“

O’Reilly pocht auch auf Transparen­z beim Umgang mit den (wahrschein­lich zwei bis drei) Milliarden Euro, die die türkische Regierung von den EU-Staaten im Zuge des Flüchtling­sdeals erhalten soll: „Es ist sehr wichtig, dass wir genau sehen, wofür die Türkei das Geld ausgibt, das sie von der EU erhält.“

Auch den EU 28 redet die Ombudsfrau ins Gewissen: Man befinde sich derzeit in einer „Krise par excellence“, die die „Grundfeste der EU“in Frage stelle. Die große Zahl der Flüchtling­e dürfe aber keine Ausrede für eine unwürdige Behandlung sein. O’Reilly warnt davor, „dass unsere Kinder in 20, 30 Jahren fragen, wie man nur so etwas zulassen konnte – so wie man sich das vor 70 Jahren gefragt hat“.

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