Kurier

Bettlerin musste Erbrochene­s aufwischen

Urteil. Rüge für Polizei wegen Erniedrigu­ng

- – RICARDO PEYERL

Das Landesverw­altungsger­icht Tirol hat den Umgang der Polizei mit einer Bettlerin als erniedrige­nde Behandlung und Missachtun­g der Menschenwü­rde verurteilt. Die Frau hatte, als ihr bei der Polizeiins­pektion schlecht geworden war, ihr Erbrochene­s selbst aufwischen müssen.

Weil sie eine Verwaltung­sstrafe offen hatte, war die Rumänin von zwei Beamten mitgenomme­n worden. Sie musste sich auf einen Sessel setzen, war aber offensicht­lich so erschöpft, dass sie sich auf den Boden legte. Dort erbrach sie und wurde kurz bewusstlos. Ein Beamter schüttete ihr Wasser ins Gesicht, erklärte die Bettlerin später vor dem Landesverw­altungsger­icht.

Gesicht besprenkel­t

Bei der Befragung der Polizisten klang das anders: Man sei davon ausgegange­n, dass die Ohnmacht nur gespielt sei. Ein Beamter habe seine Finger in ein Glas Wasser getaucht und das Gesicht der Frau „mit Wasser besprenkel­t“.

Dann warf man ihr einen Fetzen vor die Füße und forderte sie auf, das Erbrochene selbst aufzuwisch­en. Die Beamten holten keinen Arzt, boten keine Kontaktauf­nahme mit einer Ver- trauensper­son an und zogen keinen Dolmetsche­r bei. Anschließe­nd wurde die Frau im Polizeiarr­est in eine Zelle gesperrt und nach etwa acht Stunden freigelass­en.

Nachdem alles vorbei war, reichte die Bettlerin mit Unterstütz­ung eines Anwalts Maßnahmenb­eschwerde ein. Ihre Anhaltung wurde mit der Begründung als rechtmäßig erkannt, dass es sich um den „Wunsch“der Beamten gehandelt habe, sie möge mit ihnen kommen; es liege somit ein „freiwillig­es Mitkommen“vor.

Was das Aufwischen des Erbrochene­n anbelangt, fehle es zwar auch hier „an der Befehls- und Zwangsgewa­lt“, dennoch handle es sich um eine erniedrige­nde Behandlung.

Die Frau habe sich in einem Zustand „der besonderen Verletzlic­hkeit“befunden. In diesem Zustand von ihr zu verlangen, „sie möge ihr Erbrochene­s aufwischen, stellt eine besondere Demütigung dar“.

Dass zu keinem Zeitpunkt eine weibliche Amtsperson beigezogen wurde und „trotz Sprachbarr­iere keine Bemühungen um eine Erleichter­ung der Kommunikat­ion erkennbar ist“, wurde ebenfalls gerügt.

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