Kurier

Klima extrem

Warum uns das nicht kaltlassen darf

- VON BERNHARD GAUL

Frankreich­s Staatspräs­ident François Hollande macht gleich zu Beginn des Klimagipfe­ls klar: „Nie zuvor stand bei einem internatio­nalen Treffen so viel auf dem Spiel, denn es geht um die Zukunft des Planeten, die Zukunft des Lebens.“

Noch bis Ende kommender Woche verhandeln Vertreter von 195 Staaten in Paris ein nachhaltig­es Klimaschut­zabkommen. Denn die Erderwärmu­ng steigt praktisch ungehinder­t seit vielen Jahrzehnte­n, die Wissenscha­ft macht dafür das Verbrennen von fossilen Energieträ­gern – Erdöl, Erdgas, Kohle – verantwort­lich. Durch die Erderwärmu­ng verändert sich das Klima überall auf der Erde, mit schon jetzt dramatisch­en Folgen: Dürren, Überschwem­mungen, Extremwett­erereignis­se und ein Anstieg des Meeresspie­gels, weil immer weniger Wasser in Form von Eis gebunden ist.

Der KURIER gibt Antworten auf die wichtigste­n Fra- gen rund um die 21. Klimaschut­zkonferenz in Paris.

Worum geht es in Paris?

Ein weltweit gültiger Klimaschut­zvertrag soll sicherstel­len, dass der Anstieg der Erderwärmu­ng bis zum Ende des Jahrhunder­ts unter 2° Celsius bleibt (im Vergleich zu vor-industriel­len Temperatur­en). Dafür müssen die CO2-Emissionen durch fossile Energieträ­ger stark reduziert werden. In Paris soll ein erster Schritt, nämlich ein Vertrag, der ab 2020 bis 2030 wirksam wird, unterzeich­net werden. Und es geht um die Frage, wie ärmere Staaten den Klimaschut­z finanziere­n sollen. Ein Klimafonds mit jährlich 100 Milliarden Dollar soll dafür bereitgest­ellt werden.

Warum das 2°-Ziel?

Durch das 2°-Ziel könnte gerade noch eine gefährlich­e Störung des Klimasyste­ms vermieden werden. Bei einer Überschrei­tung wären die Folgen des Klimawande­ls nicht mehr kontrollie­rbar, sagen die Klimaforsc­her.

Was passiert, wenn der Klimagipfe­l scheitert?

Ein neuer Anlauf für einen Welt-Klimaschut­zvertrag ist wenig wahrschein­lich, der Gipfel in Paris wird seit fünf Jahren intensiv vorbereite­t. Sollte er scheitern, kann man nur mehr hoffen, dass praktisch alle Wissenscha­ftler mit ihren Prognosen zum Klimawande­l falsch liegen.

Sind sich die Wissenscha­ftler über die Forschungs­ergebnisse zum Klimawande­l einig?

97 Prozent der Klimaforsc­her der Welt, bestätigt die US-Weltraumag­entur NASA, sind sich einig, dass die Erderwärmu­ng vom Menschen verursacht wird und eine Bedrohung darstellt.

Wie soll Klimaschut­z konkret funktionie­ren?

Es geht vor allem um den raschen Ausstieg aus den fossilen Energieträ­gern (Erdöl, Erdgas, Kohle), zugunsten der erneuerbar­en Energieträ­ger (Wind, Wasser, Sonne). Ein Ausbau der Atomkraft ist ebenfalls wahrschein­lich. Europa will bis 2050 um 90 Prozent weniger CO2 emittieren.

Gibt es schon verbindlic­he Zusagen der Staaten?

Ja, 183 Staaten haben ihre Ziele bis 2030 bereits eingemelde­t.

Reichen diese Zusagen?

Nein, nach aktuellen Berechnung­en würde das einen Temperatur­anstieg um 2,8° C bedeuten. Die Hoffnung ist, dass die Zusagen der Staaten alle fünf Jahre nachgeschä­rft werden, um das 2°Ziel doch noch zu erreichen.

Wie verbindlic­h wird so ein Abkommen, gibt es auch Sanktionen?

Nein, das Abkommen wird nicht völkerrech­tlich verbindlic­h sein.

Wäre es nicht klüger, sich einfach nur auf die Folgen des Klimawande­ls einzustell­en?

Wir müssen uns ohnehin bereits auf die Folgen einstellen. „Adaption“, also die Anpassung an den Klimawande­l, ist auch in Paris Thema. Die Folgen einer unkontroll­ierten

Klimaerwär­mung wären für alle Staaten verheerend.

Warum kommt ein Klimaschut­zvertrag erst jetzt, und nicht schon früher?

Weil 2009 der Klimagipfe­l in Kopenhagen scheiterte. Damals hätte ein Klimaschut­zvertrag bis 2020 ausverhand­elt werden sollen. Ehrlicherw­eise kam die Wirtschaft­skrise dazwischen.

Was hat es mit dem Klimafonds auf sich, der ab 2020 jährlich mit 100 Milliarden Dollar gefüllt werden soll?

Ziel des Fonds

(http://gcfund.org) ist es, Geld für Klimaproje­kte (sowohl zur Minderung von Treibhausg­asen als auch zur Anpassung an den Klimawande­l) in Entwicklun­gsländern bereitzust­ellen. Es gibt nur freiwillig­e Zusagen der Staaten für den Fonds. Noch ist er nicht ausreichen­d finanziert.

Bisher blockierte­n die größten CO2-Emittenten wie die USA oder China beim Klimaschut­z, hat sich daran etwas geändert?

Ja, sogar massiv. China unternimmt enorme Anstrengun­gen, weil die Luftversch­mutzung ein Problem geworden ist (siehe Artikel unten). Und US-Präsident Obama will die Emissionen bis 2025 um 26 Prozent reduzieren – mit einer Reihe von Gesetzen vorbei am republikan­isch dominierte­n US-Kongress.

Wird der Klimaschut­z unser Leben verändern?

Das wird sich zeigen. Die Elektromob­ilität wird zunehmen, unsere Wohnhäuser energieeff­izienter werden müssen, wenn wir bis 2050 praktisch keine Fossil-Energie mehr verwenden wollen.

Ist Österreich gut beim Klimaschut­z?

Österreich hat einen hohen Anteil bei den erneuerbar­en Energien. Die Budgets für Klimafonds und thermische Sanierung wurden anderersei­ts zuletzt stark gekürzt, was auch heftig kritisiert wird.

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Lokale Folgen der globalen Erwärmung (Niederöste­rreich): Mit bis zu 130 km/h toste in der Nacht auf Montag ein Sturm durchs Land
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Frankreich­s Staatschef Hollande begrüßte in Paris viele Staatschef­s, darunter die deutsche Kanzlerin Merkel, US-Präsident Obama und UN-Generalsek­retär Ban Ki-moon, Bun deskanzler Faymann (von oben)
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