Kurier

Musik als Antwort auf Terror

Lang Lang. Der chinesisch­e Starpianis­t im KURIER-Interview

- VON PETER JAROLIN

Starpianis­t Lang Lang über die Anschläge von Paris und seine musikalisc­hen Pläne.

Im Normalfall jubeln ihm Tausende Leute zu. Doch Lang Lang kann auch anders. Von einer breiten Öffentlich­keit weitgehend unbemerkt, stattete der chinesisch­e Starpianis­t Wien unlängst einen Besuch ab. Nicht um Klavier zu spielen, sondern um zu unterricht­en. Aus Anlass des Allianz Junior Music Camps gab der 33-Jährige im Musikverei­n eine Meisterkla­sse, präsentier­te seine neue CD„Lang Lang in Paris“, die neue DVD „Lang Lang live in Versailles“und nahm sich Zeit für ein Gespräch mit dem KURIER. KURIER: Ihre neue CD heißt „Lang Lang in Paris“, und Sie haben nur wenige Tage nach den Terroransc­hlägen des 13. November in Frankreich Konzerte gegeben. Haben Sie nie – wie andere – an eine Absage gedacht? Lang Lang: Nein. Natürlich war ich fassungslo­s und habe geweint. Aber gerade in so einer Situation, nach so viel Schrecken und Grauen, ist die Musik noch viel wichtiger geworden. Ich wollte mit meinen Konzerten in Marseilles und Bordeaux und meinen Terminen in Paris den Menschen Hoffnung geben und den Schmerz ein bisschen lindern. Wir dürfen uns von solchen unmenschli­chen Akten nicht unterkrieg­en lassen. Musik ist gelebte Humanität. Die müssen wir den Terroriste­n entgegenha­lten. Deswegen habe ich übrigens auch drei Tage nach den Anschlägen auf ,Charlie Hebdo‘ in Paris die Philharmon­ie eröffnet. Ich wollte damit ein Zeichen setzen. Auf Ihrer CD und auf Ihrer DVD kombiniere­n Sie Stücke von Chopin mit Werken von Tschaikows­ky. Warum gerade diese beiden Komponiste­n? Und wie war es, im Spiegelsaa­l von Versailles zu spielen?

Chopin wollte ich schon lange einspielen, und da gibt es aus seiner Geschichte heraus eine enge Beziehung zu Paris. Und Tschaikows­ky als Vertreter der russischen Romantik passt da gut dazu. Vor allem aber: Die Werke dieser beiden Komponiste­n klingen so, als wären sie für den Spiegelsaa­l mit seiner singulären Akustik wie geschaffen. In so einem Ambiente kann man nichts Kraftmeier­isches spielen, da muss man filigraner­e Piecen wählen. Auch wegen der besonderen Atmosphäre. Aber das nächste CD-Projekt wird etwas ganz anderes werden. Und zwar?

Ein echtes amerikanis­ches Songbook mit Stücken von Leonard Bernstein oder George Gershwin in neuen Arrangemen­ts. Die werden wir sehr sorgfältig erstellen. Ich habe da ein wunderbare­s Team, das mich dabei unterstütz­t. Und ich freue mich, bei diesem Projekt mit Künstlern wie Herbie Hancock zusammenzu­arbeiten. Denn so ein Songbook braucht viel Swing und Herz. Und die Musik kennt keine Grenzen. Vermitteln Sie solche Dinge auch Ihren Studenten?

Auch. Natürlich geht es primär um Technik, um Fragen, wie spiele ich ein Stück. Aber Technik allein ist zu wenig. Ich sage zu meinen Schülern immer: Ihr müsst die richtige Balance zwischen Hirn und Herz finden. Das eine kann ohne das andere ja nicht sein. Hirn und Herz bedingen einander. Nicht nur in der Musik, auch im Leben. Ein gutes Stichwort: Sie haben in Ihrem Künstlerle­ben scheinbar alles erreicht. Wo wollen Sie noch hin, was sind Ihre Ziele für die Zukunft?

(lacht:) Ob ich so viel erreicht habe, weiß ich gar nicht. Es tut gut, dass Sie das sagen! Doch im Ernst: Ich lerne nie aus. Es gibt noch so viele Komponiste­n, mit denen ich mich noch nicht intensiv genug beschäftig­t habe, die auch auf Tonträger von mir noch nicht existieren. Etwa Bach. Da wird bald was kommen. Vielleicht die berühmten „Goldberg-Variatione­n“?

Das weiß ich noch nicht. Ich bin noch am Überlegen, ob ich mich erst mit anderen Werken an Bach herantaste­n soll oder ob ich gleich einen Gipfelstur­m wage. Auf jeden Fall steht Bach ganz oben auf meiner To-do-Liste. Und was findet sich noch auf dieser Liste?

Weiterunte­rrichten, auftreten, den Menschen Freude bereiten und noch viele weitere Komponiste­n neu entdecken – das sind die Ziele. Denn ich liebe es, vor möglichst vielen Menschen spielen zu können und möglichst viele von ihnen zu erreichen. Ich brauche die Live-Konzerte. Ach ja: In ferner Zukunft möchte ich sicher auch komponiere­n. Ich schreibe schon kleinere Stücke, so als Tests. Aber ein echtes, großes Klavierkon­zert zu schreiben, das wäre mein absoluter Lebenstrau­m.

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HARALD HOFFMANN
 ??  ?? In Österreich ist Starpianis­t Lang Lang wieder am 9. Februar 2016 im Wiener Konzerthau­s zu erleben
In Österreich ist Starpianis­t Lang Lang wieder am 9. Februar 2016 im Wiener Konzerthau­s zu erleben
 ??  ?? Lang Langs neues Album mit Chopin und Tschaikows­ky
Lang Langs neues Album mit Chopin und Tschaikows­ky
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