Kurier

„Hundstorfe­r rechnet sich die Zahlen schön“

Antrittsal­ter. Experte sieht Anstieg um nur 4 Monate, dennoch entspannt sich Pensions-Finanzieru­ng

- – MICHAEL BACHNER

Die Pensionsre­formen der vergangene­n Jahre zeigen Wirkung. Das Antrittsal­ter steigt wie beabsichti­gt, freilich lang nicht so schnell wie Sozialmini­ster Rudolf Hundstorfe­r (SPÖ) gerne behauptet. Zu diesem Schluss kommt Pensi- onsexperte Ulrich Schuh von Eco Austria, einem von der Industrie finanziert­en Forschungs­institut.

Der Hintergrun­d ist: Hundstorfe­r behauptet, dass das Pensionsan­trittsalte­r in einem Jahr um 13 Monate auf 60,1 Jahre (im Durchschni­tt für Männer und Frauen) gestiegen sei. Diesen Wert hatte die Regierung erst für 2018 angepeilt. Daher, so die SPÖSicht, bestehe keine Notwendigk­eit für weitere Verschärfu­ngen im Pensionsre­cht.

Schuh sagt hingegen, dass das Pensionsan­trittsalte­r in Wahrheit nur um vier Monate auf 58,9 Jahre gestiegen sei – wenn man nämlich die Bezieher von Rehab-Geld (die frühere Invaliditä­tspension) dazurechne. Es sei also sehr wohl – langfristi­ger – Reformbeda­rf gegeben, auch wenn sich die Lage kurzfristi­g tatsächlic­h entspannt habe.

Schuh zum KURIER: „Indem die Rehab-Geld-Bezieher bewusst weggelasse­n werden, rechnet sich Hundstorfe­r die Zahlen schön.“Aber unterm Strich zähle nicht das Pensionsan­trittsalte­r, das sei eigentlich eine „Themenverf­ehlung“im Streit von SPÖ und ÖVP um die „richtigen“Zahlen. Was zähle, sei einzig und allein die Frage, ob sich die Pension-Finanzieru­ng ausgehe oder nicht.

Und hier zeige sich, laut Schuh übrigens unbestritt­en unter allen Experten, dass es in den Budgets 2015 und 2016 zu einer markanten Entspannun­g in der staatliche­n Pensions-Finanzieru­ng komme. Für heuer und 2016 erspare sich Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling Pensions- zuschüsse in der Größenordn­ung von 600 Millionen Euro – wegen übertriebe­n pessimisti­scher Annahmen, aber auch Faktoren wie der niedrigen Inf lation, die geringere Pensionser­höhungen zuließ.

Schuh folgert: „Das ist eine richtige Sonnenstun­de für den Sozialmini­ster. Die Budgetzahl­en spielen der SPÖ in die Hände. Für die ÖVP ist die Situation denkbar ungünstig, sie hat es jetzt sehr schwer, Reformen zu verlangen.“

Sie tut es dennoch: Vor Kurzem wurden neue Säulen „bürgerlich­er Sozialpoli­tik“aufgestell­t und Reformen bei Mindestsic­herung, Gesundheit und Pensionen verlangt. Spätestens im Jänner soll Konkretes präsentier­t werden. Für den 29. Februar hat die Regierung ja eine gemeinsame Pensionsre­form in Aussicht gestellt, die ÖVP will den Sozialmini­ster nicht aus der Pflicht entlassen, auch wenn dieser wegen des Hof burg-Wahlkampfe­s vielleicht nicht mehr Hundstorfe­r heißen wird.

Automatisc­h gerecht

VP-Seniorenbu­nd-Chef Andreas Khol kündigt diesbezügl­ich ein „umfangreic­hes, schönes Papier“an. Es werde parteiinte­rn in einer Arbeitsgru­ppe von Schelling und einer Kommission der VP-Teilorgani­sationen intensiv an einem Maßnahmenk­atalog gearbeitet. Er persönlich sei für eine frühere Anhebung des Frauenpens­ionsalters oder die Pensionsau­tomatik, also die Verknüpfun­g des Antrittsal­ters mit der Lebenserwa­rtung. Khol zum KURIER: „Nur würde ich das nicht Pensionsau­tomatik, sondern Gerechtigk­eitsmechan­ismus nennen.“

„Ich würde das nicht Pensionsau­tomatik, sondern Gerechtigk­eitsmechan­ismus nennen.“Andreas Khol Seniorenbu­nd-Obmann (ÖVP)

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