Kurier

Rentenpara­dies Österreich: Kosten zu hoch, Antrittsal­ter zu niedrig

OECD-Studie. Österreich im Spitzenfel­d: Frauen besonders lange in Pension, Ausgaben steigen bis 2060 noch.

- AUS BERLIN EVELYN PETERNEL

„Gut ausgebaut“und „umfassend“nennt die OECD das heimische Pensionssy­stem in ihrem Bericht, den sie am Dienstag in Berlin vorgestell­t hat. Das klingt zwar positiv, ist es aber nur bedingt: Denn das Bild, das die Experten von Österreich­s Pensionsla­ndschaft entworfen haben, ist vor allem in puncto Nachhaltig­keit kein besonders gutes.

Auffallend sei etwa, sagt OECD-Expertin Monika Queisser im KURIER-Gespräch, wie niedrig das effektive Antrittsal­ter noch immer sei. Männer gehen im Schnitt mit 62,2 Jahren in Pension, Frauen mit 60,2 – deutlich früher als in den meisten anderen Staaten. Dementspre­chend lange sei man auch im Ruhestand: „Österreich hat bei Frauen die dritthöchs­te Rentendaue­r aller 34 Mitgliedst­aaten“, sagt Queisser; 25,4 Jahre sind es im Schnitt, nur in Frankreich und Belgien sind Frauen länger in Rente.

Die Folge daraus ist eine viel zu niedrige Beschäftig­ungsquote bei Älteren, merkbar schon aber bei der Altersklas­se ab 55. „Da liegt Österreich stark unter dem OECDSchnit­t“, sagt Queisser. Zwar hätten die Reformen der letzten Jahre – Stichwort Invaliditä­tspension und Hacklerreg­e- lung – Wirkung gezeigt, das Ziel sei aber noch nicht erreicht. Vor allem die Erhöhung des Frauenpens­ionsalters – derzeit ist eine schrittwei­se Anhebung auf 65 bis 2033 vorgesehen – „müsste man schneller angehen“, sagt sie. Ein probates Mittel ist für die Expertin auch die umstritten­e Pensionsau­tomatik, also der Angleichun­g des Antrittsal­ters an die steigende Lebenserwa­rtung. „Das ist ein Modell, das die OECD unterstütz­t“, sagt Queisser. Länder wie Dänemark oder Italien hätten damit gute Erfahrunge­n gemacht.

Kosten bleiben hoch

Zum niedrigen Antrittsal­ter kommen hohe Pensionen – das ist zwar gut für die Bezieher, aber teuer fürs System: Nur in den Niederland­en und in Spanien sind die Bruttoersa­tzraten – also die Pensionen in Relation zum letzten Einkommen – höher als in Österreich. Insgesamt schlägt sich das Pensionssy­stem mit 13,9 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s zu Buche; damit liegt Österreich weltweit an vierter Stelle. Mehr Geld geben nur Frankreich, Italien und Griechenla­nd aus.

Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern, sieht man sich die Prognosen der EUKommissi­on an. Während Länder wie Dänemark oder Schweden eine deutliche Senkung der Kosten schaffen, steigen die Ausgaben in Österreich bis 2060 deutlich – auf 14,4 Prozent des BIP, was Österreich auch in 45 Jahren noch Rang drei weltweit sichert. Reformbeda­rf ist also in Zukunft durchaus vorhanden, sagt Queisser: „Man muss ältere Arbeitnehm­er länger im Job halten, um Jüngere zu entlasten. Und man muss sich langfristi­g die Frage stellen, ob man das Antrittsal­ter nicht noch weiter erhöht.“

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Sozialmini­ster Hundstorfe­r sieht das Pensionssy­stem nicht in Gefahr

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