Kurier

Mehr Europa, weniger Flüchtling­e

Dänemark. Ein Referendum über eine Ausnahme von der EU wird zu einem Votum auch über die EU

- VON ANDREAS SCHWARZ

Offiziell geht es nicht um das Flüchtling­sthema, sondern um Europa. Genauer: Um das Verhältnis des EU-Mitglieds Dänemark zur Union. Noch genauer: Bei einem Referendum stimmen die Dänen am Donnerstag darüber ab, ob eine der Ausnahmen, die sich Dänemark seinerzeit für seinen EU-Vertrag ausgehande­lt hat, endet. Ohne ein „Ja“läuft die Zusammenar­beit mit der Europol und in wichtigen Fragen der Innen- und Justizpoli­tik aus; mit einem „Ja“würde dem Parlament in Kopenhagen erlaubt, über EU-Fragen zu entscheide­n, ohne wie bisher das Volk fragen zu müssen.

Lange sah es nach einem „Ja“aus, dann kam das erwähnte Flüchtling­sthema.

Seit Juni regieren die Liberalen, deren Regierungs­chef Lars Rasmussen das Referendum von seiner Vorgängeri­n Helle Thorning-Schmidt (Sozialdemo­kraten) geerbt hat. Rasmussen ist auf die Unterstütz­ung der in der Flücht- lingskrise immer stärkeren rechtspopu­listischen Dänischen Volksparte­i angewiesen. Während der Premier für ein „Ja“beim Referendum wirbt, ist die Volksparte­i für ein „Nein“. Denn ein „Ja“hieße auch die Übernahme von mehr als 20 weiteren EU-Vorschrift­en, darunter Maßnahmen zur Cyberkrimi­nalität und ein Vollbeitri­tt zum Schengener Abkommen.

Die Angst der Dänen vor einer gemeinsame­n Asylpoliti­k in der EU ist groß. Rasmussen hat vor dem Referendum betont, dass die dänischen Ausnahmen in Asyl- und Migrations­fragen und das VetoRecht (nach Referendum) blieben, „bis die Sonne ausbrennt“. Er steht unter Druck der Volksparte­i, die keine Flüchtling­e ins Land lassen, keine Entscheidu­ngsgewalt an Brüssel abgeben will.

Asylgesetz­e verschärft

Dazu passt, dass die dänische Regierung gerade die Asylgesetz­e verschärft hat (begrenzte Aufenthalt­serlaubnis für anerkannte Flüchtling­e, Familienna­chholung erst nach drei Jahren, zwangsweis­e Festhaltun­g zur Identitäts­bestimmung, etc.). „Wir beschränke­n den Zugang zu Dänemark, damit weniger Menschen herkommen“, sagte Rasmussen bei der Vorstellun­g der Maßnahmen Mitte November. Dabei ist anders als in Schweden und Deutschlan­d die Zahl der Asylanträg­e in Dänemark heuer nur leicht gestiegen. „Während Länder um uns herum eine Explosion der Asylbewerb­erzahlen gesehen haben, sind die Entwicklun­gen bei uns mehr unter Kontrolle geblieben“, sagte Rasmussen. Das heißt: 3600 Anträge im Oktober, 1200 in der ersten Novemberwo­che.

Dennoch geht es beim Referendum am Donnerstag am Ende eben wohl doch auch ums Flüchtling­sthema. Sagten Umfragen bisher ein klares „Ja“voraus, halten sich Befürworte­r und Gegner in Sachen Europol jetzt die Waage, und die Zahl der Unentschlo­ssenen wächst.

 ??  ?? Der Flüchtling­sstrom nach Dänemark ist bei Weitem nicht so groß wie nach Deutschlan­d oder Schweden – dennoch dominiert das Thema das bevorstehe­nde Referendum über eine Ausnahme von den EU-Verträgen
Der Flüchtling­sstrom nach Dänemark ist bei Weitem nicht so groß wie nach Deutschlan­d oder Schweden – dennoch dominiert das Thema das bevorstehe­nde Referendum über eine Ausnahme von den EU-Verträgen

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