Die Sekretärin als Prokuristin
Staatsholding. In der ÖBIB geht’s rund – Personalchefin ficht Kündigung vor Arbeitsgericht an
Seit Juni ist Martha Oberndorfer Geschäftsführerin der neuen Staatsholding ÖBIB. Bald nach ihrem Start legte ihre Sekretärin einen bemerkenswerten Karriere-Sprung hin. Eveline Schröf l folgte ih
Chefin von der Bundesfinanzierungsagentur in die Staatsholding. Seit Anfang September ist sie Prokuristin der ÖBIB.
Die 44-Jährige mag eine gute und loyale Sekretärin sein, aber ob sie damit auch gleich die Qualifikation zur Prokuristin mitbringt?
Eine Prokura ist nicht irgendein Titel in einem Unternehmen, sondern eine gesetzlich fixierte, umfassende kaufmännische Vollmacht. Daher muss die Position im Firmenbuch eingetragen werden.
Die Prokura ermächtigt zu allen Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Unternehmens überhaupt mit sich bringt. Ein Prokurist kann beispielsweise Dienstverhältnisse abschließen, Beteiligungen eingehen, Immobilien-Geschäfte tätigen oder sogar den Unternehmensgegenstand ändern.
„Frau Schröfl ist Assistentin der Geschäftsführung und ausreichend qualifiziert als Prokuristin. Sie ist für alle Bereiche des Office-Managements verantwortlich und hat ein genau eingeschränktes Pouvoir“, verteidigt Oberndorfer die Bestellung.
Schröfl ist zwar nicht alleine zeichnungsberechtigt („Vier-Augen-Prinzip“), aber immerhin. Die ÖBIB verwaltet schließlich die Beteiligungen der Republik an OMV, Telekom und Post. Der Börsenwert des Portfolios liegt bei rund 5,3 Milliarden Euro. Vier der fünf bisherigen Prokuristen wurden gekündigt, einer ging von selbst. Die ÖBIB-Chefin erhielt von der Regierung den Auftrag, die Holding abzuschlanken. Die „alte“ÖIAG, die Vorgängerin der ÖBIB, wurde im Lauf der Jahre zu einem PrivilegienParadies. Der glücklose ÖIAG-Chef Rudolf Kemler hatte vor seinem unfreiwilligen Abgang die Verträge einiger Getreuer noch zusätzlich aufgefettet.
So verdiente der Chauffeur mehr als 100.000 Euro. Oberndorfer hält sich im Gegensatz zu ihren Vorgängern keinen Fahrer. Etliche Mitarbeiter kommen auf 250.000 bis 300.000 Euro, einige haben sogar noch höhere Gagen. Die Belegschaft ist immer noch nach dem Bergbau-Kollektivvertrag eingestuft, dem mit Abstand teuersten Lohnschema.
Der Privilegien-Abbau ist selbst für die für ihren resoluten Führungsstil bekannte Oberndorfer kein leichter Job. Nach außen hin werde alles ruhig gehalten, aber intern gehe es rund, hört man aus den Beteiligungsunternehmen. Die Mitarbeiter sollen sogar befürchten, dass ihre Telefonate abgehört werden.
Am15. Dezember ist beim Arbeits- und Sozialgericht ein Verhandlungstermin in einer besonders heiklen Causa angesetzt. Die Personalchefin geht gegen ihre Kündigung vor (Aktenzahl 31Cga10515k). Aus sozialen Gründen, die Frau ist Mutter eines behinderten Kindes. Tatsache ist freilich auch, dass die hoch dotierte Position bei nur noch 15 Mitarbeitern offenbar nicht mehr benötigt wird. Oberndorfer wollte dazu keine Stellungnahme abgeben.
andrea.hodoschek@kurier.at