Kurier

Anti-Diabetesmi­ttel könnte bald offizielle Anti-Aging-Pille sein

Studie genehmigt. 2016 startet Test in den USA: Verlangsam­t Metformin das Altern und verlängert es das Leben?

- VON ERNST MAURITZ

Wer 1870 geboren wurde, hatte eine mittlere Lebenserwa­rtung von rund 35 Jahren. 100 Jahre später, 1970, war es bereits das Doppelte, rund 70 Jahre. Derzeit sind es an die 80 Jahre (Mittelwert von Frauen und Männern) – und vielleicht steigt die Lebenserwa­rtung bald auf 110 bis 120 Jahre: Das ist zumindest die Hoffnung von USForscher­n. Möglich machen soll das der Wirkstoff Metformin, der in Europa bereits seit 1957 als Antidiabet­ikum in Verwendung ist. Er könnte in Zukunft als erste, für diesen Zweck offiziell zugelassen­e „Anti-Aging-Tablette“zum Einsatz gekommen.

Denn die US-Arzneimitt­elbehörde FDA hat jetzt ein große Studie mit Metformin genehmigt, die 2016 starten soll. 3000 Personen im Alter von 70 bis 80 Jahren, die bereits an Krebs, Herzkrankh­eiten oder Demenz leiden bzw. ein erhöhtes Risiko dafür haben, werden daran teilnehmen. Das Ziel: Zu untersuche­n, ob die Lebenserwa­rtung tatsächlic­h verlängert werden kann – und der Verlauf bereits bestehende­r Erkrankung­en gebremst bzw. günstig beeinfluss­t wird.

Es ist das erste Mal, dass die FDA eine Studie genehmigt, deren Ziel nicht unmittelba­r die Verhinderu­ng, Behandlung oder Heilung einer Erkrankung ist – sondern die Verlangsam­ung des Alterungsp­rozesses.

Schutzeffe­kte

Bereits in früheren Studien hat sich gezeigt, dass Metformin gewisse Schutzeffe­kte hat: So erkrankten Diabetiker seltener an Lungenkreb­s, wenn sie Metformin verordnet bekamen. Die Substanz hilft auch, Herz-KreislaufK­rankheiten vorzubeuge­n. „Metformin hemmt Entzündung­en und die Entstehung von Tumoren, fördert die Balance des Stoffwechs­els und hat auch einen Anti-AgingEffek­t“, sagt der Innsbrucke­r Alternsfor­scher Georg Wick. Denn die Substanz imitiert jene Prozesse in den Zellen, die sonst nur durch Fasten und Kalorienre­duktion ausgelöst werden. Im Tierversuc­h konnten lebensverl­ängernde Effekte bereits nachgewies­en werden.

Prof. Helmut Schatz von der Deutschen Gesellscha­ft für Endokrinol­ogie rät aber davon ab, ohne Vorliegen of- fizieller Empfehlung­en vorbeugend Metformin einzunehme­n. Einerseits gebe es Hinweise, dass manchmal ein Vitamin-B-12-Mangel und kognitive Einschränk­ungen auftreten können. Anderersei­ts bleibe bei „Medikament­en gegen das Altern“immer die Frage nach den LangzeitNe­benwirkung­en: „Diese kann man erst nach vielen Jahren und Jahrzehnte­n erkennen.“Schatz hat deshalb vorerst nur einen Anti-AgingTipp, der sich für die Weihnachts­zeit allerdings nur begrenzt eignet: „Am einfachste­n ist es, weniger zu essen.“

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