Kurier

„Solche Gesetze gab es 1933“

Staatsschu­tz. Grüne wollen zum Notar und Gesetz spätestens 2018 kippen

- – CHRISTIAN BÖHMER

Johanna Mikl-Leitner will nicht über einen Ausnahmezu­stand verhandeln, sie ist im Ausnahmezu­stand – zumindest sieht Peter Pilz die Sache so. Der Sicherheit­ssprecher der Grünen zog am Mittwoch gegen die ÖVP-Innenminis­terin vom Leder.

Übereinsti­mmend mit Gernot Darmann, seinem Gegenüber bei den Freiheitli­chen, berichtete Pilz von der jüngsten Sitzung des Innenaussc­husses im Parlament. Und in eben dieser blieb die Ressortche­fin offenbar vergleichs­weise vage, was man unter einem Ausnahmezu­stand (siehe Artikel Seite 2) verstehen kann.

„Ich hab’ die Frau Innenminis­ter gefragt: ,Welche Grund- und Freiheitsr­echte sollten da eingeschrä­nkt werden? Sollen Telefonate fortan ohne richterlic­hen Befehl abgehört werden dürfen?‘ Die Antwort von Mikl-Leitner war : ,Ich weiß es nicht‘.“

Was zurzeit in Frankreich gilt, wäre in Österreich derzeit nicht möglich. Die heimische Rechtsordn­ung kennt den „Ausnahmezu­stand“nicht. Sie gibt dem Bundespräs­identen nur die Möglichkei­t, auf Krisen mit Notverordn­ungen zu reagieren.

Beschränkt­e Rechte

„Da schon bisher niemand auf die Idee gekommen ist, den Bundespräs­identen per Notverordn­ung regieren zu lassen, stellt sich die Frage: Warum sollten wir den Ausnahmezu­stand ausrufen und Grund- und Freiheitsr­echte einschränk­en?“Das ist das eine Argument des Grünen.

Ein anderes, historisch­familiär gefärbtes, geht so: „1933 haben die Vorläufer der ÖVP solche Gesetze beschlosse­n, um auf den Bombenterr­or der Nazis zu reagieren. Ein paar Monate später saß mein Vater, ein Sozialdemo­krat, im Gefängnis – das haben meine Familie und viele andere nie vergessen“, resümiert Pilz ganz persönlich. Der Missbrauch des Ausnahmezu­standes durch Regierende, das ist das stärkste Argument des Grünen. Damit es wirklich sitzt, personalis­iert Pilz es noch: „Was wäre wohl, wenn ein Innenminis­ter Kickl solche Gesetze in die Hand bekommt?“

Was das jüngst präsentier­te, neue Staatsschu­tzgesetz angeht, hoffen die Grünen auf Änderungen. Gemeinsam mit allen anderen Opposition­sparteien will Pilz den Entwurf im Verhandlun­gsweg noch abändern. Tue die Regierung dies nicht, geht man zum Notar. Wozu? Pilz: „Dann beschließe­n wir als Opposition, dass der erste politische Akt nach der Nationalra­tswahl die Auf hebung des Staatsschu­tzgesetzes ist. 2018 haben SPÖ und ÖVP nämlich keine Mehrheit mehr.“

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