Letzte Warnung der EU: Athen muss Chaos beenden
Flüchtlingslager. Wenn die griechische Regierung nicht sofort die humanitäre Lage von Asylsuchenden verbessert, will die EU-Kommission die sofortige Einführung von Grenzkontrollen.
Säuglinge sterben an Unterkühlung, Mütter frieren und es gibt keine warmen Decken. Flüchtlinge sind massenweise krank, das Essen ist karg und zum Schlafen fehlen wetterfeste Quartiere.
EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukautis hat das alles selbst gesehen und ist entsetzt über die chaotischen Zustände in griechischen Flüchtlingslagern.
Zurück in Brüssel fasste er seine schockierenden Eindrücke in einem Schreiben an Kommissionspräsident JeanClaude Juncker zusammen. „Es gibt entsetzliche Armut, keine Nothilfe und die Lage für Asylsuchende ist unzumutbar“, brachte der litauische Kommissar, von Beruf Herzchirurg, zu Papier.
Jetzt reicht es der Kommissionsspitze und sie droht mit dem Rausschmiss Griechenlands aus dem Schengen-System. Das heißt, Griechenland müsste ab sofort wieder Grenzkontrollen einführen, was nicht nur den Personenverkehr behindern, sondern der Wirtschaft, vor allem dem Tourismus, extrem schaden würde.
Weckruf
EU-Kommissar Johannes Hahn (zuständig für Erweiterung und Nachbarschaftspolitik) bestätigte dem KURIER den Bericht seines Amtskollegen und betonte, dass es vonseiten der Kommission „eine letzte Warnung“an die griechische Regierung gebe.
Diplomaten sagen, dass es die Kommission satt habe, noch länger zuzuschauen, wie Griechenland mit den Flüchtlingen umgehe. Au- ßerdem würden die Hotspots, die Aufnahmezentren für Flüchtlinge, nicht funktionieren, noch immer fehlen 50.000 Quartiere und selbst angebotene Hilfe werde von den zuständigen Stellen negiert. So wurde die Unterstützung von 400 Frontex-Mitarbeitern nicht angenommen, auch 300 Geräte zur Erfassung von Fingerprints der Flüchtlinge seien nicht abgerufen worden.
Bereits Anfang 2011 prangerte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Zustände in den Flüchtlingslagern und den Umgang mit Asylwerbern in einem aufsehenerregenden Urteil an. Die Richter verboten damals EU-Staaten, Asylwerber zurück nach Griechenland zu schicken. Damit wurde damals schon das Dublin-System infrage gestellt, nach welchem Asylsuchende in jenes Land zurückgeschickt werden müssen, in welches sie zuerst eingereist sind.
Klage gegen Quote
Probleme in der Flüchtlingspolitik hat die EU-Kommission aber nicht nur mit Griechenland. Die Slowakei hat gestern, wie angekündigt, eine formelle Klage gegen die EU eingereicht, um sich gegen die Zuteilung von Asylsuchenden zu wehren. Die Regierung fordert darin den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg auf, die Entscheidung des EU-Rats für ungültig zu erklären. Dies gab Regierungschef Robert Fico in Bratislava bekannt.
Auch Ungarn will sich im Dezember dem Beispiel der Slowakei anschließen und ebenfalls vor den Kadi in Luxemburg ziehen.